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rezensionen

30.03. Paul Temple und der Fall Marquis
03.03. Die weiße Mafia
16.02. Das Mädchen mit den schwarzen Strümpfen
11.02. Im Dutzend zur Hölle
28.01. Die Engel von St. Pauli
21.01. Die Todeskralle des grausamen Wolfes
06.01. Die Mörderklinik
12.12. Paul Temple: Jagd auf Z
27.11. Die drei Supermänner räumen auf
30.10. Die Heuchler
10.10. X 312 … Flug zur Hölle...
03.10. Das Todeslied des Shaolin
15.09. Der Koloss von Konga
26.08. Das Omen des Bösen
11.08. Menschen im Hotel
06.08. Mädchen: Mit Gewalt

kurzrezension

09.11. Return of the Warrior
30.05. Iron Sky - Director's Cut (blu-ray)
21.05. Captain Invincible oder „Wer fürchtet sich vor Amerika?“
22.04. True Justice: Angel of Death – Der Todesengel (blu-ray)

blu-ray

Der Japaner-Besieger

Ip Man

Ip Man Nr. 2: alle Filme

Ip Man

Um es gleich vorne weg zu sagen, „Ip Man“ ist kein Biopic, sondern eine Legende. Im Dienste der Heldenerzählung leistet sich das Werk so viele Freiheiten, dass vom historischen Ip Man wohl nur noch wenig übrig geblieben ist. So hat sich der spätere Wing-Chun-Lehrer den Japanern kaum in der beschriebenen Weise entgegen gestellt, da er sich während der japanischen Besatzung nach 1937 nicht einmal in seiner Heimatstadt Foshan aufhielt, sondern bei einem ehemaligen Schüler auf dem Land Unterschlupf fand. Vor der japanischen Besatzung arbeitete er als Polizeiermittler, eine Tätigkeit, die er nach seiner Rückkehr nach Foshan wieder aufnahm. Da war der Krieg jedoch bereits vorbei und die Japaner besiegt. Ip Man flüchtete schließlich nach Hongkong, weil die chinesischen Kommunisten den Bürgerkrieg Ende 1949 gewonnen hatten. Ip Man stand als Polizist jedoch in Diensten der gegnerischen Kuomintang.

Wilson Yips Film „Ip Man“ erzählt eine andere Geschichte. Darin führt der spätere Martial-Arts-Lehrer in seiner Heimatstadt Foshan ein zurückgezogenes Leben mit Frau und Kind. Da er keiner Arbeit nachgeht, muss er über einigen Wohlstand verfügen. In der Öffentlichkeit hält er sich bescheiden zurück, die Kampfkunst ist seine Leidenschaft. Das führt zu Spannungen mit seiner Frau, die ihn dazu drängt, sich mehr um sein Kind zu kümmern. Alles in allem verläuft Ip Mans Dasein aber in ruhigen Bahnen, bis die Japaner einmarschieren. Aus seinem Haus vertrieben führt er nun ein Leben in bitterer Armut. Zwischenzeitlich arbeitet er sogar als Kohlenschipper, um über die Runden zu kommen. Als ein Freund jedoch nach einer Einladung durch die Japaner von einem Kampfkunstduell nicht mehr zurück kommt, übernimmt er Verantwortung. Er stellt sich den Feinden, um sich nicht kampflos drangsalieren zu lassen.

Die biographischen Änderungen, die Edmond Wong in seinem Drehbuch vorgenommen hat, funktionieren sehr gut im Dienste einer Legendenbildung. Und auch die grundsätzliche Moral, Ip Man die hinter der Wandlung Ip Mans steckt, hat ihren Reiz. Denn der Film erzählt nichts anderes, als dass es unter bestimmten politischen oder gesellschaftlichen Umständen notwendig ist, den Rückzug ins Private aufzugeben, um für die eigene Bevölkerungsgruppe einzustehen. Die Drangsalierungen durch die Japaner sind so hart, dass ein so integrer und mit solchen außergewöhnlichen Fähigkeiten ausgestatteter Mensch wie der Ip Man des Films, Verantwortung übernehmen muss, will er sich nicht selbst schuldig machen. Auch wenn der historische Ip Man diese Rolle nicht übernommen hat, so ist in jedem Fall die geschichtliche Einordnung der japanischen Besatzungszeit als eine durch Gräueltaten geprägte Schreckensherrschaft richtig. Umso erstaunlicher ist es, dass sich das Werk bei der Charakterisierung des japanischen Generals eine vergleichsweise ambivalente Figur leistet, die eben nicht in eindimensionaler Art und Weise nur böse ist, sondern als Kampfkunstliebhaber einen gewissen Sinn für Ehre besitzt. Den Part des eindimensional Bösen übernimmt sein Handlanger, der sehr schnell mit der Waffe bei der Hand ist.

Die Heldenverdichtung Ip Mans zieht ihre Berechtigung aus den grausamen Erlebnissen während der japanischen Besatzung. Er bildet einen Gegenpol, der vor diesem Hintergrund das Richtige tut. Die Moral des Films ist in dieser Hinsicht einwandfrei. Der damit nahezu zwangsläufig verbundene Pathos allerdings, mit dem die eindeutige Überlegenheit der Chinesen gegenüber den Japanern demonstriert werden soll, ist ein wenig übertrieben. Der Sieg über den Feind bündelt sich in einer einzigen Figur, die zuvor ein klinisch reines Image verpasst bekommen hatte. Ein Ip Man mit etwas mehr Profil hätte dem Film gut getan.
Daneben erzählt Wilson Yip aber auch etwas über Wing Chun, ein Kampfstil, der natürlich schon vor Ip Man existierte, den dieser aber entscheidend geprägt hat. Einer seiner berühmtesten Schüler nach der Flucht nach Hongkong war zweifelsohne Bruce Lee.

So wie Donnie Yen den späteren Martial-Arts-Lehrer verkörpert, ist er der Prototyp des integren Kampfkunstmeisters. Trotz des Bewusstseins um seine hervorragenden Fähigkeiten tritt er stets mit absoluter Bescheidenheit auf und geht Kämpfen nach Möglichkeit aus dem Weg. Als eine Gruppe Störenfriede in Foshan auftaucht, um die Kampfkunstschulen aufzumischen nimmt Ip Man die Aufforderung zum Duell mit deren Anführer erst dann an, als ihn dieser unablässig bedrängt. Solche Auseinandersetzungen bieten dem Film schließlich die Möglichkeit, ausgezeichnet choreographierte Kämpfe zu präsentieren, in denen die Qualitäten des Wing-Chun-Stils gefeiert werden. Hier hat der Film sein zweites großes Thema, das im späteren Verlauf mit der politischen Komponenten verknüpft wird, wenn Wing-Chun auf Karate trifft. Mit rasanter Geschwindigkeit löst der Schnitt die jeweiligen Auseinandersetzungen immer wieder in Detailaufnahmen einzelner Techniken auf, so dass es die helle Freude ist. Wem die Heldenverehrung zu dick aufgetragen ist, der kann sich auf jeden Fall an der Kampfkunst erfreuen.

Bildqualität

Das ausgesprochen scharfe Bild der Bluray, die einen hohen Detailreichtum und klare Konturen besitzt, neigt in einigen Szenen sogar zur Überschärfung der Konturen, welche dem Bild dann einen künstlichen unnatürlichen Eindruck verleihen. Das gilt beispielsweise für manche Szenen in Ip Mans Haus. Die Farben wirken sehr reduziert, was vor allem die düstere Atmosphäre während der japanischen Besatzung unterstreicht. Der gute Kontrast sorgt für ein differenziertes Bild. Immer wieder ist ein gewisses Hintergrundrauschen zu sehen, das aber nicht stört.

Tonqualität

Die DTS-HD-5.1-Tonspuren überzeugen einerseits mit gut abgemischten, verständlichen Dialogen und andererseits mit einem wuchtigen Surroundklang, der alle Lautsprecher nutzt, so dass sich eine wunderbare räumliche Atmosphäre einstellt. Mit der notwendigen Dynamik entfachen die Tonspuren eine mitreißende Klangkulisse, die keine Wünsche übrig lässt. Das gilt sowohl für die Kampfszenen als auch für die vergleichsweise ruhigen Bereiche des Films.

Extras

Ip Man

Die Interviews mit Wilson Yip (Regie), Donnie Yen (Darsteller) und Sammo Hung (Action-Choreograph), die zusammen etwa 53 Minuten lang sind, liefern über ihre Gesamtzeit hinweg einige Informationen. Yip, der die längste Redezeit besitzt, geht auf die Beschäftigung mit der Figur des Ip Man ein. Auffälligerweise erwähnt er die historischen Freiheiten, die man sich bei der Ausgestaltung des Films genommen hat, allerdings mit keinem Wort. Da ihm die Erschaffung einer Legendenfigur mit Sicherheit am Herz gelegen hat, ist das allerdings auch nicht überraschend. Neben den üblichen Lobpreisungen äußert er sich auch direkt zur Art der Zusammenarbeit mit Donnie Yen und den anderen Darstellern.
Ip-Man-Darsteller Donnie Yen gehört das zweitlängste Segment der Interviews. Darin geht Yen auf seine Vorbereitung ein – schließlich hatte er sich vor dem Film kaum mit Wing Chun beschäftigt und musste die 108 Techniken erst lernen -, erzählt etwas über seine Art, die Figur zum Leben zu erwecken, und reflektiert ansatzweise über den Beruf des Schauspielers.
Sammo Hung, der etwa acht Minuten lang zu hören ist, widmet sich der Ausgestaltung der Kampfszenen, wobei er unter anderem auf die Zusammenarbeit mit dem japanischen Darsteller Hiroyuki Ikeuchi eingeht, der zuvor keine Kampferfahrung hatte.
Insgesamt erweisen sich die Interviews als das beste Segment des Bonusmaterials.

Die Deleted Scenes (etwa vier Minuten) liefern im Vollbildformat mit Timecode nichts erhellendes oder unterhaltsames. Ihr Fehlen würde nicht stören.

Das Making Of (etwa 19 Minuten) beinhaltet neben bekannten Interviewschnipseln aus den langen Gesprächen mit Yip, Yen und Hung noch weitere Interviewpassagen mit anderen Darstellern und Filmausschnitte. Insgesamt liefert das Making Of nur wenig mehr, als die übliche Werbebotschaft, zumal einige der informativen Teile schon in den längeren Interviews enthalten sind.

Die drei Behind the Scenes Beiträge mit den Titeln „On the Set: Foshan Cotton Factory“ (etwa zweieinhalb Minuten), „On the Se: Foshan, Street of the Fight Schools“ (zwei Minuten) und „On the Set: Home of the Ip-Family“ (etwa zwei Minuten) sind oberflächliche, fast nur aus Filmausschnitten bestehende Clips über die drei Drehorte.

Fazit

„Ip Man“ erschafft aus dem Kung-Fu-Lehrer Bruce Lees eine ideale Legendenfigur, die mit der philosophischen Ruhe und der unvergleichlichen Energie des Kampfkunstmeisters die japanische Besatzungsmacht, die 1937 in China einmarschierte, in die Schranken weist. Dank der historischen Freiheiten gelingt es Wilson Yip, den für das chinesische Selbstverständnis zentralen Sieg über die Japaner, in einer einzigen Figur kraftvoll zu bündeln. Statt eines Biopics serviert Yip eine Legende mit spektakulären Kampfszenen, in denen Donnie Yen sein außerordentliches Können dokumentiert. Technisch ist die Bluray gut.

Stefan Dabrock

12.03.2010

   
Originaltitel Yip Man (Hongkong 2008)
Länge 107 Minuten (24p)
Studio Splendid
Regie Wilson Yip
Darsteller Donnie Yen, Simon Yam, Siu-Wong Fan, Ka Tung Lam, Yu Xing, u.a.
Format 1:2,35 (16:9)
Ton DTS-HD 5.1 Deutsch, Kantonesisch
Untertitel Deutsch
Extras Interviews, Behind the Scenes, Deleted Scenes, u.m.
Preis ca. 19 EUR
Bewertung gut, technisch sehr gut