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rezensionen

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kurzrezension

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22.04. True Justice: Angel of Death – Der Todesengel (blu-ray)

dvd

Verbrechen lohnt sich nicht

Du und Ich

Film Noir Nr. 6: alle Filme

Rezension von Christina Wittkop vorlesen lassen

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Du und Ich

Fritz Langs dritte Regiearbeit nach seiner Emigration in die USA stellt seine gesellschaftskritischen Töne sowie seine rührend-naive Moral in den Vordergrund und widmet der Konsistenz seiner Handlung etwas weniger Aufmerksamkeit.
Der Kaufhausbesitzer Morris hat ein gutes Herz. Weil er daran glaubt, dass sich Menschen ändern können, gibt er ehemaligen Strafgefangenen eine Chance. In seinem Geschäft arbeiten zahlreiche ehemalige Knastbrüder und -schwestern, ohne jedoch von ihrer jeweiligen Vergangenheit untereinander zu wissen. Auch Joe Dennis war einmal ein harter Bursche, möchte jetzt aber nicht mehr kriminell werden. In einer spontanen Aktion heiratet er seine Kollegin Helen. Die Ehe steht aber unter keinem guten Stern, weil Joe Helen zwar seine Vergangenheit gebeichtet hat, Helen aber aus Angst, Joe zu verlieren, ihre Knastkarriere verschweigt. Fortan muss sie mit Lügen die Hinweise vertuschen, welche die Wahrheit verraten könnten. Als der gutmütige Joe jedoch dahinter kommt, ist er so enttäuscht, dass er mit dem Gedanken spielt, sich seiner ehemaligen Bande wieder anzuschließen. Denn seine kriminellen „Freunde“ haben ihn ohnehin seit seiner Anstellung bei Morris immer wieder unter Druck gesetzt, die schiefe Bahn erneut einzuschlagen.

Die Wendungen der Handlung stehen ganz im Dienste des moralischen Konzeptes, das Fritz Lang bei seinem Film verfolgt. Joe Dennis hat so überzeugend den rechten Weg eingeschlagen, dass seine Rückkehr ins kriminelle Milieu trotz der erfahrenen menschlichen Enttäuschung unwahrscheinlich wirkt. Die Konstruktion, dass die ehemaligen Strafgefangenen im Kaufhaus Morris nichts voneinander wissen, bricht zumindest teilweise zusammen, als herauskommt, dass sich einige von ihnen aus der Vergangenheit sehr gut kennen. Innerhalb der Inszenierung macht sich das aber nicht störend bemerkbar, weil „Du und Ich“ als artifizielle, in seiner Stilisierung an Bühnenwerke erinnernde Erzählung angelegt ist. Der Fokus liegt auf der symbolischen Kraft der einzelnen Ereignisse und nicht auf der simplen Konsistenz des Geschehens. Gleich zu Beginn beklagt ein revueartiges Lied die einengende Macht des Du und Ich Kapitalismus, welche den Menschen zu einem reinen Konsumvehikel verkommen lässt. Dazu sind Bilder verschiedener Luxuswaren sowie das geschäftige Treiben der Registrierkassen zu sehen, welche den wachsenden Dollarberg repräsentieren. Angesichts der wirtschaftlich prekären Situation, in der sich viele Amerikaner gegen Ende der 1930er Jahre noch befanden, geht von der heiteren Melodie eine bitterböse Wirkung aus, waren die Konsumgüter für diese Menschen doch kaum erreichbar. Die Verführungskraft der Ökonomie, die aus den Bildern spricht, ist Versprechen und Drohung zugleich. Die Allgegenwärtigkeit des Luxus suggeriert, dass man früher oder später auch einmal daran teilhaben kann, wenn man daran arbeitet, der wirtschaftliche Kreislauf ist aber auch eine irrsinnige, auf sich selbst bezogene Realität, die keine anderen Werte kennt. Der davon ausgehende, sonstige Bedürfnisse betäubende Rausch wird in der zunehmend delirierenden Montage zu Beginn des Films deutlich. Das ist die gesellschaftliche Situation, in der Joe und Helen versuchen, ihr privates Glück zu realisieren. Sie scheitern dabei zunächst an sich selbst, weil die Wahrheit unter den Tisch fällt, wenn Verlustängste regieren. Helen erzählt nicht von ihrer kriminellen Vergangenheit. Und da sie Joe vor der Anstellung bei Morris nicht über den Weg gelaufen ist, weiß der tatsächlich nichts davon. Das relativ schwache persönliche Scharmützel, das vielleicht auch mit einem ernsthaften persönlichen Gespräch hätte ausgeräumt werden können, dient aber letztlich auch nur dazu, Joe wieder in stärkeren Kontakt mit seinen ehemaligen Knastbrüdern zu bringen. Denn die Moral, dass Verbrechen keinen ökonomischen Nutzen hat, muss noch unter das Volk gebracht werden. In einer Schulstunde wird den wie Grundschüler dasitzenden Ganoven vorgerechnet, dass ein scheinbar großer Bruch, nur einen lächerlichen Ertrag einbringt, während sie das Risiko des Gefängnisses oder gar des Todes tragen. Die bizarre, in ihrer moralischen Deutlichkeit grotesk wirkende Szene ist allerdings bitterer Ernst, denn die fast schon zynische Begründung gegen das Verbrechen ist nicht etwa ein moralischer, auf gesellschaftlichem Anstand basierender Ansatz, sondern ein schlicht ökonomischer. Für die versammelten Kleinkriminellen ist es wirtschaftlich sinnvoller, im Kaufhaus zu arbeiten, als zu stehlen, weil ihnen die ehrliche Arbeit mehr einbringt. Im Umkehrschluss bedeutet das aber auch, dass es nach der ökonomischen Morallehre völlig in Ordnung ist, kriminell zu sein, wenn das entsprechend mehr Geld einbringt. Damit entlarvt Langs Film das Primat des Wirtschaftskreislaufes als ein latent amoralisches, das nur um sich selbst kreist und alle anderen menschlichen Bedürfnisse wie beispielsweise private Bindungen einzufangen sucht.

Bildqualität

Du und Ich

Das Bild der DVD besitzt eine ordentliche Schärfe, da die Konturen immer wieder etwas weich wirken und der Detailreichtum nur Mittelmaß erreicht. Das ist bei einem Film aus den 1930er Jahren aber auch nicht überraschend. Verschmutzungen und Defekte sind in geringem Maße vorhanden, wirken aber nicht störend. Der Kontrast schafft es nicht ganz, die Differenziertheit des Schwarzweiss voll aufleben zu lassen, geht aber in Ordnung. Das sichtbare analoge Rauschen stört nicht, Helligkeitsschwankungen tauchen kaum auf. Insgesamt ein sehr ordentliches Bild.

Tonqualität

Der englische 2.0-Mono-Ton – eine deutsche Synchronisation existiert nicht – überzeugt mit verständlichen Dialogen, die nur leichte Verzerrungen aufweisen. Der Klangkörper könnte etwas mehr Volumen vertragen. Das gilt auch für die Musik, die etwas schrebbelig klingt, und nicht ganz so dynamisch wirkt. Deutsche Untertitel lassen sich einblenden.

Extras

Das Bonusmaterial besteht aus einer Bildergalerie und dem Trailer. Die DVD-Verpackung wurde wie schon die anderen Teile der Film Noir Collection als Buch gestaltet. Neben der DVD ist auch ein 10seitiges Booklet enthalten, in dem Thomas Willmann auf die Produktionsumstände eingeht und den Film analysiert. Ein gelungenes Booklet.

Fazit

„Du und Ich“ stellt seine konstruierte Handlung im Sinne seines moralischen Inhaltes aus, so dass symbolische Kraft über die Logik der einzelnen Wendungen gestellt wird. Dabei zeichnet Fritz Lang ein höchst ambivalentes Bild vom wirtschaftlichen Kreislauf sowie des persönlichen Glücks, das die einzelnen Figuren innerhalb des Films suchen. Technisch ist die DVD sehr ordentlich.

Stefan Dabrock

13.01.2011

   
Originaltitel You and Me (USA 1938)
Länge 90 Minuten (Pal)
Studio Koch Media
Regie Fritz Lang
Darsteller Sylvia Sidney, George Raft, Robert Cummings, Barton MacLane, Roscoe Karns, Harry Carey, George E. Stone, Warren Hymer, u.a.
Format 1:1,33 (4:3)
Ton DD 2.0 Mono Englisch
Untertitel Deutsch
Extras Bildergalerie, Trailer, 10seitiges Booklet
Preis ca. 14 EUR
Bewertung ambivalent, technisch sehr ordentlich