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rezensionen

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03.03. Die weiße Mafia
16.02. Das Mädchen mit den schwarzen Strümpfen
11.02. Im Dutzend zur Hölle
28.01. Die Engel von St. Pauli
21.01. Die Todeskralle des grausamen Wolfes
06.01. Die Mörderklinik
12.12. Paul Temple: Jagd auf Z
27.11. Die drei Supermänner räumen auf
30.10. Die Heuchler
10.10. X 312 … Flug zur Hölle...
03.10. Das Todeslied des Shaolin
15.09. Der Koloss von Konga
26.08. Das Omen des Bösen
11.08. Menschen im Hotel
06.08. Mädchen: Mit Gewalt

kurzrezension

09.11. Return of the Warrior
30.05. Iron Sky - Director's Cut (blu-ray)
21.05. Captain Invincible oder „Wer fürchtet sich vor Amerika?“
22.04. True Justice: Angel of Death – Der Todesengel (blu-ray)

blu-ray

Schmierige Dekadenz

The Man from Nowhere

The Man from Nowhere

Das Thrillergenre lebt vom Eindringen der Unruhe in eine bislang gemächliche Lebenssituation. Der Pfandleiher Tae-sik kümmert sich nicht mehr besonders um seine Umwelt. In der eigenen Wohnung, die gleichzeitig als Geschäftsraum dient, lagert er die Sachen der Kunden. Einzig zur Tochter seiner Nachbarin pflegt er eine Art freundschaftliche Beziehung. Als deren Mutter die Drogen einer Gangsterorganisation klaut und bei ihm einlagert, stehen plötzlich finstere Gestalten vor der Tür. Der Pfandleiher kann sich die bösen Buben zwar vom Leib halten, weil er früher als Spezialagent tätig war, aber sie entführen das kleine Mädchen. Tae-sik folgt darauf den Anweisungen der Geiselnehmer, um das Mädchen befreien zu können. Aber die Gangster spielen falsch, weil sie die Situation ausnutzen wollen, um einen Konkurrenten auszuschalten. Das Schicksal des Pfandleihers ist ihnen dabei natürlich egal, das Mädchen können sie ohnehin noch anderweitig gebrauchen. Aber sie haben die Rechnung ohne Tae-sik gemacht, der nur noch ein Ziel kennt. Die Gangster müssen zur Strecke gebracht werden.

Als Kristallisationspunkt der Geschehens dient die Beziehung zwischen dem kleinen Mädchen und dem Pfandleiher. Die Schutzbedürftigkeit des Entführungsopfers treibt Tae-sik dazu, noch einmal in die abgelegte Rolle des Spezialagenten zu schlüpfen, obwohl sie mit einem Trauma verknüpft ist. Indem Tae-sik die scheinbar unüberwindliche Hürde der seelischen Verletzung überspringt, entsteht eine emotionale Intensität, welche die Beziehung zwischen ihm und dem Mädchen charakterisiert. Ihr Schicksal ist letztlich wichtiger, als alle sonstigen Aspekte, weil ihre Rettung das Gute schlechthin bedeutet. Dadurch erhält der Pfandleiher eine moralische Autorität jenseits der sonstigen Akteure. Das schließt vor allem auch die Polizei mit ein, die The Man from Nowhere zwar nicht besonders negativ dargestellt wird, aber nur eine Randnotiz bildet, wenn es um gute Seite geht. Regisseur Jeong-beom Lee baut das Gangstermilieu als krassen Gegensatz zur schon fast entrückten moralischen Autorität des Helden auf. Da vergnügt sich einer von ihnen in einem Whirlpool mit mehreren Frauen und gibt per Handy genervte Anweisungen wie nun die nächste üble Tat durchgeführt werden soll, um sich nach dem Ende des Telefonats sofort wieder den Frauen zu widmen. Die Besprechungen der Kriminellen finden in einem Bad statt, dessen Architektur an römische Bauweise erinnert. Es dient auch als Ort für Folterverhöre. Die helle Eleganz des Raumes steht im Gegensatz zu den schmierigen Taten, die dort verübt oder geplant werden. Hier spiegelt sich eine Dekadenz wieder, die auch in ihrem Verständnis des Menschen als nachwachsender Rohstoff zum Ausdruck kommt. Die Gangster legen eine abgrundtiefe Bösartigkeit an den Tag, wenn es um Organentnahmen bei ihren Opfern oder die Verwendung der Kinder für ihr Geschäft geht. Der moralische Verfall hat einen Tiefpunkt erreicht, dem das gute Ziel Tae-siks entgegensteht.

Aus dem extremen Abstand der beiden Pole Gut und Böse entsteht eine Dynamik, die Jeong-beom Lee in eine radikale Zielstrebigkeit übersetzt, mit der Tae-sik zu Werke geht, um das kleine Mädchen zu retten. Beängstigend präzise und mit kraftvoller Schnelligkeit stürzt sich der Pfandleiher in Actionsituationen, wenn es notwendig ist. Dabei ist nicht die Choreographie das Besondere, sondern die Geschwindigkeit, mit der alles erledigt wird. Daraus entsteht eine explosionsartige Kraft, die mit den Emotionen des Films korrespondiert. Elegant greifen Optik, die Charakterisierung der Figuren, sowie der übrige Inszenierung ineinander, um einen kunstvollen Actionthriller zu erschaffen.

Bildqualität

The Man from Nowhere

Das blitzsaubere Bild kommt mit einer sehr guten Schärfe daher, die keine nennenswerten Wünsche mehr übrig lässt. Konturen- und Detaildarstellung können überzeugen. Die kräftigen Farben geben die visuell unterschiedlich gestalteten Orte präzise wieder, so dass sie die Atmosphäre wirkungsvoll entfalten kann. Der Kontrast sorgt für ein differenziertes Bild mit einem hohen Schwarzwert.

Tonqualität

Die DTS-HD-Master-5.1-Tonspuren unterstützen die dynamischen Qualitäten des Thrillers mit einer druckvollen Klangkulisse. Bei den Actionszenen und wenn entsprechende Nebengeräusche vorhanden sind, kommen auch die hinteren Lautsprecher zum Einsatz, so dass eine gute räumliche Wirkung entsteht. Die Dialoge werden gut wiedergegeben, da sie ausgewogen mit den übrigen Geräuschen abgemischt wurden.

Extras

Das zweiteilige Making Of mit etwa 54 und 26 Minuten Länge besteht aus B-Roll-Material und Interviews. Grundsätzlich sind deutsche Untertitel vorhanden, bei den Namenseinblendungen fehlen sie aber. Daher ist jenseits der Darsteller nur dann die Funktion des Gesprächsgastes nachvollziehbar, wenn man die Person ohnehin kennt oder aber aus dem Interview erschließen kann. Das ist zwar schade, schmälert aber nicht die sonstigen Qualitäten des Making Ofs. Darin äußern sich die Schauspieler über ihre persönliche Rollenanlage und Ideen zu den jeweils verkörperten Figuren, der Regisseur geht auf die Entwicklung des Drehbuchs sowie die inszenatorische Gestaltung ein und die Kampfchoreographie kommt ebenfalls zur Sprache. Daneben treten noch weitere Stabmitglieder mit ebenfalls interessanten Informationen auf. Während im ersten Teil mit einer zentralen Ausnahme stärker der ganzen Film auf allgemeine Weise betrachtet wird, widmet sich der zweite Teil stärker ganz konkreten Szenen, deren Konstruktion beleuchtet wird.
Neben dem Making Of ist ein Musikvideo auf der Bluray enthalten.

Fazit

Regisseur Jeong-beom Lee lässt in „The Man from Nowhere“ die fast schon entrückte moralische Autorität eines ehemaligen Spezialagenten und die schmierige Dekadenz einer finsteren Gangsterorganisation aufeinanderprallen. Daraus entwickelt er ein dynamisches, mit emotionaler Intensität aufgeladenes Stück Thrillerkino, das durch die perfekte Harmonie seiner filmischen Elemente zu einem Kunstwerk wird. Technisch ist die Bluray sehr gut.

Stefan Dabrock

13.06.2011

   
Originaltitel Ajeossi (Südkorea 2010)
Länge 119 Minuten (24p)
Studio Splendid
Regie Jeong-beom Lee
Darsteller Bin Won, Sae-ron Kim, Hyo-seo Kim, Tae-hoon Kim, Hee-won Kim, Seon-oh Kim, Jong-pil Lee, Thanayong Wongtrakul, u.a.
Format 1:2,35 (16:9)
Ton DTS-HD-Master 5.1 Deutsch, Koreanisch
Untertitel Deutsch, Niederländisch
Extras Making Of, Musikvideo
Preis ca. 17 EUR
Bewertung sehr gut, technisch sehr gut