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kurzrezension

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dvd

Der Tod hat keine Augen

Der Mann mit der Narbe

Film Noir Nr. 8: alle Filme

Der Mann mit der Narbe

Die Nummer 8 in Koch Medias Film Noir Collection gehört einem der wenigen Ausflüge des in Budapest geborenen und vor den Nazis geflohenen Regisseurs Steve Sekely in das Noir-Genre.
John Muller (Paul Henreid), ein Gauner, wird aus dem Gefängnis entlassen. Bevor er sich bei seinem Job meldet, den er zur Wiedereingliederung in die Gesellschaft wahrnehmen soll, trommelt er seine alte Bande wieder zusammen, um einen Überfall auf das illegale Casino des berüchtigten Rocky Stansyck zu verüben. Das Unternehmen geht schief, aber Muller kann vor den Häschern des organisierten Verbrechens nach San Francisco fliehen. Dort nimmt er zunächst den Job an, der ihm bei der Entlassung aus dem Gefängnis angeboten wurde, kann sich mit den Regeln innerhalb des Unternehmens aber nicht anfreunden. Zufällig erfährt er, dass ihm ein Psychiater wie ein Zwilling gleicht, sieht man von einer auffälligen Narbe auf der Wange ab. Schließlich plant Muller, seinen Doppelgänger ins Jenseits zu befördern, um dessen Leben anzunehmen. Dabei verliebt er sich zusätzlich in die Sekretärin des Psychiaters.

„Der Mann mit der Narbe“ greift eine Vielzahl gängiger Motive des Film Noir auf, um sie in atemberaubender Dichte miteinander zu verbinden. Der fatale Überfall auf das Casino mündet in einer Situation der Unsicherheit, bei der die Hauptfigur um ihr Leben fürchten muss, und schließlich in einer Identitätskrise. John Muller kann nach der Entlassung aus dem Gefängnis nicht aus seiner Haut heraus, greift auf sein kriminelles Wissen zurück, um sich schließlich in einem regulären Arbeitsverhältnis wiederzufinden, dessen Struktur ihm völlig fremd ist. Das Der Mann mit der Narbe Gewöhnliche wird zu einer Bedrohung für den Charakter, der stets gewohnt war, außerhalb der gesellschaftlichen Ordnung zu existieren. Sein Scheitern ist vor diesem Hintergrund auch keine Überraschung, sondern eine logische Folge seiner Identitätskrise, die sich nach dem Jobverlust weiter verstärkt. Die ruhige Art, mit der Muller den darauf folgenden Plan umsetzt, in die Existenz seines Doppelgängers zu schlüpfen, kann nicht über seine starke Verunsicherung hinwegtäuschen. Sein Plan ist die verzweifelte Tat eines Menschen, der in die Ecke gedrängt worden ist. Nicht zufällig übt Mullers Doppelgänger den Beruf eines Psychiaters aus, dessen makellose Oberfläche durch eine Narbe entstellt worden ist. Der scheinbar sichere Hafen der neuen Existenz, wird schon als brüchige Phantasmagorie eingeführt. Die psychologische Profession verweist auf die Irritation, der Muller ausgesetzt ist. Er versucht unbewusst, in der Identität als Psychiater seine Abgründe zu bewältigen, hat es bei dem Arzt aber mit einem Charakter zu tun, der selbst durch Störungen gekennzeichnet zu sein scheint.

Denn Dr. Bartok, so der Name des Psychiaters, macht gegenüber anderen Menschen einen abweisenden Eindruck. Innerhalb des Films ist diese Eigenschaft, die auf ein gestörtes Verhältnis zur eigenen Person verweist, aber nicht mit dem physisch auftretenden Dr. Bartok, sondern mit dessen Figur an sich verbunden. Deswegen kann Muller seiner Identitätskrise auch nicht entfliehen, indem er zu Dr. Bartok wird. Denn mit der Übernahme der Rolle des Psychiaters lastet auch dessen psychologische Problemlage auf Muller, der seinem Schicksal nicht entkommen kann. Muller verweigert sich einer echten Bewältigung seiner inneren Abgründe. Deswegen zementiert er seine Probleme nur. Seine optische Makellosigkeit, ein Symbol für die theoretische Chance auf eine Existenz in Sicherheit und Würde, gibt er sogar auf, um Dr. Bartok zu werden. Die mutwillig zugefügte Verletzung ist der letzte Schritt auf dem Weg nach unten. Selbst ein grober visueller Fehler, der ihn retten könnte, nützt Muller nichts, weil er Bartok geworden ist und die Realität durch seine Handlung transformiert hat. Die Menschen in seiner Umgebung lassen sich fast alle davon blenden, ihr Blick kann aktuelles Trugbild und Vergangenheit nicht mehr voneinander unterscheiden.

Bildqualität

Der Mann mit der Narbe

Das Bild der DVD präsentiert den Film in ansprechender Qualität. Die Schärfe bietet kein Feuerwerk auf, kann aber mit weitgehend klaren Konturen überzeugen. Lediglich einige Totalen, beispielsweise eine nächtliche Aufnahme auf einer Brücke, wirken etwas weich. Der Kontrast ist solide und bietet eine ordentliche Graustufendifferenzierung, die den Bildkompositionen gerecht wird. Das analoge Rauschen ist fast permanent da, stört aber nicht.

Tonqualität

Die DD 2.0 Mono-Tonspuren geben den Ton in unterschiedlicher Weise wieder. Während die deutsche Synchronisation mit klaren Dialogen aufwarten kann, klingen die englischen Sprachbeiträge dezent brüchig. Ihr Volumen ist weniger stark ausgeprägt. Die Musik weist in beiden Fassungen leichte Verzerrungen auf.

Extras

Das 12-seitige, im Media-Book integrierte Booklet enthält einen Text von Thomas Willmann, der sowohl auf die Motive des Films als auch die biographischen Hintergründe zu den beteiligten Personen eingeht. Ein lesenswerter Text mit Informationen und Analyseansätzen. Darüber hinaus wurden im Booklet Teile des alten Werberatschlags für die Kinobetreiber nachgedruckt.

Fazit

„Der Mann mit der Narbe“ überzeugt als psychologisch angehauchter Film Noir über die Identitätskrise eines Kriminellen, der sich zunehmend in seinem eigenen Abgrund verfängt. Technisch ist die DVD ansprechend.

Stefan Dabrock

01.01.2012

   
Originaltitel Hollow Triumph (USA 1948)
Länge 80 Minuten (Pal)
Studio Koch Media
Regie Steve Sekely
Darsteller Paul Henreid, Joan Bennett, Eduard Franz, Leslie Brooks, John Qualen, Mabel Paige, u.a.
Format 1:1,33 (4:3)
Ton DD 2.0 Mono Deutsch, Englisch
Untertitel -
Extras Bildergalerie, 12-seitiges Booklet
Preis ca. 14 EUR
Bewertung gut, technisch ansprechend