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rezensionen

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kurzrezension

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blu-ray

Nacht-Tag-Duell

Drive

Drive

Die düstere „Pusher“-Trilogie über Kleingangster in Dänemark begründete Nicolas Winding Refns Einstieg ins Filmgeschäft. Mit dem Thriller „Drive“ ist er in Hollywood angekommen ist.
Nach einem Roman des amerikanischen Schriftstellers James Sallis erzählt „Drive“ die Geschichte eines Einzelgängers ohne Namen, der schlicht Driver (Ryan Gosling) genannt wird. Seinen Lebensunterhalt bestreitet der Driver mit Autostunts beim Film, als Mechaniker in der Werkstatt seines Förderers Shannon (Bryan Cranston) und als Fluchtfahrer bei Einbrüchen. Nach einer spektakulären Fahrt durchs nächtliche Los Angeles, bei der er nur knapp der Polizei entkommen konnte, trifft er auf seine Nachbarin Irene (Carey Mulligan). Da Standard (Oscar Isaac), der Vater ihres Sohnes Benicio (Kaden Leos), im Knast sitzt, greift der Driver Irene ein bisschen unter die Arme. Als Standard wieder da ist, versucht der Driver ihm zu helfen, von einer Schutzgelderpresserbande loszukommen. Aber der Einbruch, mit dem Standard seine Schulden begleichen soll, geht schief. Jetzt muss der Driver die Sache wieder in Ordnung bringen, damit Irene und Benicio in Sicherheit leben können.

Die einfache Thriller- und Liebesgeschichte bildet den Aufhänger für eine inszenatorische Glanzleistung, die sich auf stilistische Überhöhungen stützt, ohne in wilde Mätzchen abzugleiten. Die Annäherung zwischen dem Driver und Irene ist das emotionale Zentrum, das mit seiner Gravitationskraft alles andere zusammen hält. Zentrale Momente zwischen den beiden Figuren lässt Refn in Zeitlupe ablaufen, um die Anspannung im Angesicht drohender Drive Gefahr und die Sehnsucht der Menschen auf ein Leben miteinander zu verstärken. In solchen Szenen arrangiert Refn seine Figuren wie Stilleben, als seien sie in einer Zeitblase erstarrt, in der die Emotionen des Augenblicks ewig wären. Die konzentrierte Präsentation der einzelnen Gefühle rührt an existenziellen Grundfragen des Daseins über den Sinn des Lebens, die Suche nach einem passenden Gegenstück oder einfach den Weg zum Glück. Der Driver hat für sich eine neue Bestimmung gefunden, als er Irene begegnet. Die nächtliche Welt der Fluchtfahrten, der Einsamkeit und der Frage nach dem Platz im Leben könnte der Vergangenheit angehören, wenn er mit Irene einen Neuanfang wagt. Aber so einfach ist das nicht.

Der Weg von der Nacht in den Tag führt über Hindernisse, die alles gefährden. Die Existenz des Ehemanns Standard lässt den Driver zunächst gar nicht darüber nachdenken, weiter Irenes Nähe zu suchen. Denn er hat kein Interesse daran, die Familie auseinander zu bringen. Erst die Umstände sorgen dafür, dass sich die Möglichkeit ergibt, mit Irene zusammenzukommen. Aber da haben sich schon längst Probleme ganz anderer Dimension eingeschlichen. Die glücklichen Momente im Tageslicht, als der Driver mit Irene und Benicio eine Ausflugsfahrt unternimmt, sind der existenziellen Bedrohung durch Gangster gewichen. Der Tag zeigt seine zerstörerische Kraft, weil der Driver hier nicht zu Hause ist. Sein Metier ist die Nacht, in der ihm niemand etwas vormacht. Refn gestaltet ganz bewusst den Gegensatz zwischen den Aufnahmen im Sonnenlicht und den bei künstlicher Beleuchtung spielenden Szenen als Kampf des Drivers um eine neue Existenz für sich und Irene. Dabei scheint die für die Vergangenheit des Drivers stehende Nacht das Duell zu gewinnen, denn hier läuft er zu beängstigender Hochform auf. Als es darum geht, Irene aus dem Schlamassel zu holen, handelt er in völliger Selbstlosigkeit, aber mit erschreckender Brutalität. Licht, Zeitlupenüberhöhung, stilisierte Bildarrangements, wie im Angesicht einer gewalttätigen Attacke auf ihren Boss völlig regungslos dasitzende Go-Go-Tänzerinnen, und die emotionalisierende Musikauswahl entfachen eine Mischung aus grenzenlos-tragischer Melancholie und der Hoffnung auf ein Dasein jenseits solcher Erlebnisse. Als undurchsichtige Figur zwischen der dunklen Macht des Raubtiers Mensch sowie der liebevollen Fürsorge für Irene wandelt der Driver tranceartig durch eine Welt, die im ständigen Widerstreit der Kräfte fast zum Erliegen kommt. Wenn er zu den elegischen Klängen von Riz Ortolanis meisterlicher Komposition aus dem Film „Addio Onkel Tom“ mit der Latexmaske eines menschlichen Gesichts zur Racheaktion schreitet, dann bleibt offen, ob die tragische Note der Musik, ihre unbändige, getragene Schönheit oder die identitätsverwischende Wirkung der Maske die Oberhand behalten wird.

Bildqualität

Das Bild der Bluray ist fast perfekt. Sowohl in dunklen Szenen als auch bei Tageslichtaufnahmen besticht die Präsentation des Films durch ihre einwandfrei Schärfe. Dank eines hohen Detailreichtums wirkt das Bild sehr plastisch. Davon profitieren besonders einzelne Aufnahmen mit hoher Tiefenwirkung. Dazu zählen beispielsweise der Blick durch einen Supermarktgang oder eine Szene, in der die Kamera aus einem Fahrstuhl heraus das Innere eines Parkhauses mit der „Freundin“ des Drivers einfängt. Die höhere Königkeit des Bildes in den Nachtaufnahmen stört nicht. Der einwandfreie Kontrast arbeitet die unterschiedlichen Bildelemente gut heraus, kräftige Farben unterstützen die Wirkung des Films.

Tonqualität

Die DTS-HD-Master-5.1-Tonspuren können sich auf den sehr präsent abgemischten Soundtrack verlassen, der zwischen druckvollen und atmosphärisch umschmeichelnden Passagen wechselt. Alle Lautsprecher werden genutzt, so dass die räumliche Wirkung gelungen ist. Einzelne Hintergrundgeräusche fallen als Surroundeffekt auf. Die Dialoge sind stets klar und verständlich, ohne dass ein Konflikt mit der übrigen Tonkulisse besteht.

Extras

Drive

Das Bonusmaterial taugt nur für denjenigen etwas, der noch nie Promotionmaterial gesehen hat. Dezente Informationen jenseits der üblichen Lobhudelei und Inhaltsangabe findet man bestenfalls in homöopathischen Dosen in den Featurettes. Aber auch hier dominiert die Verbeitung von üblichen Allgemeinposten. Die Überschneidungen des Materials sind teilweise sehr deutlich.
Das Bousmaterial besteht im einzelnen aus einem etwa vierminütigen Making Of, einem gut 20-minütigen B-Roll-Beitrag, einem etwa 12-minütigen Interview mit Regisseur Nicolas Windig Refn sowie Gesprächen mit den Darstellern Ryan Gosling, Carey Mulligan, Bryan Cranston, Christina Hendricks, Ron Pearlman, Oscar Isaac und Albert Brooks, die zusammen gut 20 Minuten lang sind, sowie den Featurettes „I Drive“, „Unter the Hood“, „Driver and Irene“ und „Cut to the Chase“. Die Featurettes sind zwischen gut vier und gut 11 Minuten lang. Das Bonusmaterial verfügt über deutsche Untertitel. Filmtrailer sind auf der Bluray ebenfalls vorhanden.

Fazit

Die perfekte Mischung aus visueller Gestaltung, Musik und existenziellen Fragestellungen entfacht einen emotionalen Sturm mit intensiver Sogwirkung. Nicolas Windig Refn ist es gelungen, Tragik, Melancholie und Hoffnung bruchlos ineinander zu verwringen. Das Ergebnis ist ein ebenso mitreißender wie befreiender Film. Technisch ist die Bluray sehr gut, das Bonusmaterial überflüssig.

Stefan Dabrock

16.07.2012

   
Originaltitel Drive (USA 2011)
Länge 101 Minuten (24p)
Studio Universum Film
Regie Nicolas Winding Refn
Darsteller Ryan Gosling, Carey Mulligan, Bryan Cranston, Albert Brooks, Oscar Isaac, Christina Hendricks, Ron Perlman, Kaden Leos, u.a.
Format 1:2,35 (16:9)
Ton DTS-HD-Master 5.1 Deutsch, Englisch
Untertitel Deutsch
Extras Making Of, Interview mit Cast und Crew, B-Roll, Trailer, u.m.
Preis ca. 16 EUR
Bewertung sehr gut, technisch sehr gut