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rezensionen

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kurzrezension

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blu-ray

Meta antwortet nicht!

Im Augenblick der Angst

Internationale Fassung

Im Augenblick der Angst

Das Spiel mit den Konventionen des Horrorkinos, die auf selbstreflexive Weise hinterfragt werden, wurde nicht bei Wes Cravens „Scream“ (USA 1996) erfunden. Der spanische Regisseur Bigas Luna, der eher für seine provokanten, mit sexuellen Obsessionen gespickten Dramen bekannt ist, inszenierte Ende der 1980er Jahre „Im Augenblick der Angst“. Darin treibt er das Spiel mit der Metaebene auf die Spitze.
Zu Beginn des Films entwickelt sich eine Horrorgeschichte um John (Michael Lerner), einen Assistenten in einer Augenklinik. Unter dem Einfluss seiner dominanten Mutter (Zelda Rubinstein) begeht John Morde und sammelt die Augen seiner Opfer als Trophäe. Diese Erzählung entpuppt sich aber nur als der Film „The Mommy“, den die beiden Mädchen Patty (Tali Paul) und Linda (Clara Pstor) in der Nachmittagsvorstellung eines Kinos ansehen. Während die eine ihren Spaß an der grausamen Geschichte hat, erleidet das andere Mädchen körperliche und seelische Qualen. Sie bittet ihre Begleiterin erfolglos, den Saal zu verlassen, geht schließlich alleine und kommt wieder zurück, weil sie auf der Damentoilette etwas Seltsames bemerkt hat. Inzwischen betritt der Killer im Film „The Mommy“ ein Kino, wo er ein Blutbad anrichtet. Gleichzeitig spitzt sich die Situation in dem Kino zu, in dem „The Mommy“ gezeigt wird.

Das Prinzip bei „Im Augenblick der Angst“ ist offensichtlich. Bigas Luna will mit der Parallelität der beiden Erzählebenen innerhalb der Ereignisse um die beiden Mädchen und des Films, den sie sich ansehen, die Illusion einreißen, das Horrorfilme nur Filme seien. Die Trennung zwischen Fiktion und Realität soll innerhalb des Films aufgehoben werden, sodass auch der Zuschauer ein Unbehagen empfindet, ob nicht möglicherweise hinter der nächsten Ecke ein Killer lauert. Bigas Luna bricht mit dem Versprechen eines sicheren Grusel beim Besuch eines Horrorfilms, indem er die Schutzwand Fiktion niederreißt.
Das dahinterstehende Konzept, das gleichzeitig über die Mechanismen der Spannungserzeugung reflektiert, weil in der Wahrnehmung des angeschlagenen Mädchens auch normale Geräusche oder Verhaltensweisen plötzlich eine ganz andere Bedeutung bekommen, besitzt einen klugen Kern. Horroranalyse und Horror könnten Im Augenblick der Angst eine perfekte Symbiose eingehen, die einerseits etwas über die Psyche des Menschen aussagt und andererseits mitreißende Spannung präsentiert.
Vermutlich kannte Wes Craven „im Augenblick der Angst“, als er seine ähnlich gelagerte Anfangssequenz von „Scream 2“ (USA 1997) drehte. Auch dort finden im Kino während der Vorstellung eines Horrorfilms Morde statt, die ein an den Filmmörder angelehnter Killer begeht. Craven und sein Drehbuchautor Kevin Williamson waren jedoch so schlau, die beiden Mordopfer wenigstens kurz zu charakterisieren. Eine kontrovers geführte Diskussion der beiden Figuren über Horrorfilme stellt sie als Menschen mit eigenen Gedanken vor. Sie bekommen Züge von Persönlichkeiten. Das ist bei Bigas Lunas „Im Augenblick der Angst“ nicht der Fall. Der Wunsch des einen Mädchens zu gehen, den das andere Mädchen mit dem zunehmend energischer vorgetragenen Willen kontert, dass es bleiben möchte und dass die andere doch alleine verschwinden solle, ist zu wenig. Denn keines der beiden Mädchen führt irgendwelche Argumente für die eigene Position ins Feld. Es bleibt beim ganz simpel dargestellten Auseinanderdriften der Wahrnehmung auf den Horrorfilm „The Mommy“.
Luna konzentriert sich nur auf die Metaebene, die durch die vervielfachten Horrorentwürfe der beiden Handlungsstränge entsteht. Die Spannungsmechanismen bleiben ohne Leben. Er setzt der Konstruktion nichts entgegen, das von ihrer Herkunft ablenkt. Die Natur der Erzählung als Ausgeburt eines Drehbuchschreibers drängt sich so offensiv in den Vordergrund, dass nur noch ein steriles Gerüst übrig bleibt. Luna hat keine Spannungsträger zur Verfügung, die sich als Überbringer eines emotionalen Schreckens eignen. Obwohl er die Wand zwischen Fiktion und Realität einreißt, baut er eine neue Barriere auf. Die Metaebene, die er erschafft, ist so undurchlässig, dass „Im Augenblick der Angst“ als dramatische Erzählung scheitert.

Bildqualität

Im Augenblick der Angst

Leichte Verschmutzungen und dezent sichtbare Beschädigungen des Filmmaterials trüben die Qualität der Bluray kaum. Die natürliche Körnigkeit der Vorlage blieb erhalten, sodass die Schärfe nicht kaputt gefiltert wurde. Die Konturen sehen zwar bisweilen etwas weich aus, aber insgesamt kann man mit dem Ergebnis bei der Schärfe zufrieden sein. Die Farben wirken etwas ausgebleicht, aber noch lebendig. Der Kontrast ist nicht immer in der Lage, in den dunklen Szenen im Kinosaal eine prägnante Durchzeichnung zu gewährleisten, aber auch hier sind die unsichtbaren Details nicht besonders gravierend. Insgesamt ist der Transfer gelungen.

Tonqualität

Die DTS-HD-Master-5.1-Tonspuren entfalten in ausgewählten Szenen ihre räumliche Wirkung. Bei der Darstellung psychotischer Angstzustände werden alle Kanäle genutzt, um eine irritierende Akustik aufzubauen. Hier entwickelt der Upmix seine Stärken. Über weite Teile der Laufzeit haben die beiden Lautsprecher jedoch nichts zu tun. Die Dialoge werden klar und verständlich wiedergegeben, die Musik entfaltet ihre Wirkung, ohne besonders kraftvoll zu klingen.
Die deutsche DTS-HD-Master-2.0-Tonspur liefert eine vergleichbare Tonqualität, die gezielt eingesetzten räumlichen Effekte fehlen natürlich.

Extras

Im etwa 22-minütigen Interview verrät Regisseur Bigas Luna Details über den Entstehungsprozess des Films, seine Konzeption und die Dreharbeiten. Wissenswertes wie der Hinweis, dass der in Los Angeles liegende Straßenzug der Filmhandlung in Barcelona nachgebaut wurde, und Anekdoten wechseln sich ab. Ein gutes Interview. Die deutschen Untertitel leisten sich jedoch einen peinlichen Patzer, als Luna auf Alfred Hitchcocks aus dem Jahr 1954 stammenden Film „Das Fenster zum Hof“ eingeht, der im Original „Rear Window“ heißt. Pflichtschuldig wurde das als „Rückfenster“ übersetzt.
Daneben sind noch TV-Spots, ein Teaser und ein Trailer zum Film auf der Bluray enthalten.
Wenn man im Menü des Films den Punkt Trailer markiert hat und dann noch einmal die Pfeiltaste nach links drückt, erscheint ein bis dahin unsichtbarer Menüpunkt, der als Auge gestaltet wurde. Wählt man diesen Punkt aus, so startet eine um etwa drei Minuten längere Version des Film. Sie verfügt über eine schwächere Bildqualität, da sie offensichtlich auf einem Master in Standardauflösung beruht. Auch die Farben sehen ausgebleichter aus. Die längere Version ist nur in deutscher Sprache enthalten. Ein Schnittbericht zu beiden Fassungen ist hier zu finden.

Fazit

„Im Augenblick der Angst“ versteigt sich auf die bedingungslose Präsentation einer intellektuell konstruierten Metaebene, die keine Kommunikation mit emotionalen Gestaltungsprinzipien einer Dramaturgie eingeht. Das ist angesichts der interessanten Grundkonzeption schade. Technisch ist die Bluray gut.

Stefan Dabrock

22.12.2012

   
Originaltitel Angustia (GB 1987)
Länge 85 Minuten (24p)
Studio Sunfilm
Regie Bigas Luna
Darsteller Zelda Rubinstein, Michael Lerner, Talia Paul, Àngel Jové, Clara Pastor, Isabel García Lorca, u.a.
Format 1:2,35 (16:9)
Ton DTS-HD-Master 5.1 Deutsch, Englisch, DTS-HD-Master-2.0 Deutsch
Untertitel Deutsch
Extras Interview mit Bigas Luna, TV-Spots, Teaser, Trailer, Easter Egg (längere Version des Films)
Preis ca. 13 EUR
Bewertung gescheitert, technisch gut