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rezensionen

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03.03. Die weiße Mafia
16.02. Das Mädchen mit den schwarzen Strümpfen
11.02. Im Dutzend zur Hölle
28.01. Die Engel von St. Pauli
21.01. Die Todeskralle des grausamen Wolfes
06.01. Die Mörderklinik
12.12. Paul Temple: Jagd auf Z
27.11. Die drei Supermänner räumen auf
30.10. Die Heuchler
10.10. X 312 … Flug zur Hölle...
03.10. Das Todeslied des Shaolin
15.09. Der Koloss von Konga
26.08. Das Omen des Bösen
11.08. Menschen im Hotel
06.08. Mädchen: Mit Gewalt

kurzrezension

09.11. Return of the Warrior
30.05. Iron Sky - Director's Cut (blu-ray)
21.05. Captain Invincible oder „Wer fürchtet sich vor Amerika?“
22.04. True Justice: Angel of Death – Der Todesengel (blu-ray)

blu-ray

Schlosstragödien

Guilty of Romance

Guilty of Romance

Deprimierend grimmige Thriller wie „Suicide Circle“ („Jisatsu Saakuru; Japan 2002) und psychotische Horrorextravaganzen wie „Exte – Hair Extensions“ („Ekusute“, Japan 2007) gehören zum körperlich und sinnlich an die Grenze gehenden Schaffen des japanischen Regisseurs Shion Sono.
„Guilty of Romance“ verbindet wie Sonos Vorgängerfilm „Cold Fish“ („Tsumetai nettaigyo“, Japan 2010) beide Ausdrucksformen zu einer wilden Mischung aus Meldodram, Thriller und Horrorfilm, die der Suche dreier Frauen nach ihrem emotionalen Halt im Leben nachspürt. Die Polizistin Kazuko Yoshida (Miki Mizuno) soll den Mord an einer Frau aufklären, deren verstümmelte Leiche in einem leerstehenden Haus in einem Tokioter Vergnügungsviertel gefunden wird. Während Yoshida ermittelt und den Hintergründen um den Mord immer näher kommt, widmet sich Sono zusätzlich der Schriftstellergattin Izumi Kikuchi (Megumi Kagurazaka), die in einer ritualisierten Ehe gefangen ist. Izumis Alltag besteht aus perfekter Ordnung im Dienste ihres Mannes Yukio (Kanji Tsuda), der die Regeln der immer gleichen Routine aus präzise aufgestellten Hausschuhen oder einwandfrei gebrühtem Tee bestimmt. Als ihr Mann ihr erlaubt, dass sie tagsüber arbeiten gehen darf, gerät sie erst ins Pornobusiness, und nach der Bekanntschaft mit der als Prostituierte arbeitenden Uni-Professorin Mitsuko Ozawa (Makoto Togashi) ins Vergnügungsviertel hinein. Die Beziehung zu Mitsuko reißt in Izumi immer tiefere Abgründe auf, von denen sie nicht geahnt hat, dass diese auch in ihrer Persönlichkeit existieren.
Die Literatur-Professorin Mitsuko bringt gegenüber Izumi als düster-verführerisch geschminkte Prostituierte den mythischen Begriff vom Schloss ins Spiel, nach dem alle suchen würden. Das Schloss erscheint wie ein verheißungsvoller Ort, an dem sich Sehnsüchte erfüllen. Die offensichtliche Anspielung an Kafkas bekannten Roman ist kein reines Stilmittel der Metaebene, mit dem Sono seinem eigenen Werk eine Interpretationsfolie überstülpen will, die Guilty of Romance Professorin selbst hat die gedankliche Verbindung zu Kafka verinnerlicht. Deswegen weiß sie auch, dass das Schloss unerreichbar ist. Sie lebt mit der tragischen Gewissheit, ihre im gewöhnlichen Alltag unerfüllte Sehnsucht nach Befriedigung auch bei ihren triebhaften Streifzügen als Prostituierte nicht finden zu können. Mitsuki verbindet in ihrer Persönlichkeit analytischen Intellekt, wenn sie über die Natur der Wörter referiert, mit dem Verlangen nach einer körperlich erschöpfenden Lust, der sie als vulgär auftretende Prostituierte näher kommen will. Beides zusammen entwickelt eine dynamische Sprengkraft, die mit emotionalen und physischen Katastrophen einhergeht. Die Folge ist eine Existenz im Extrem, in das auch Izumi hineingezogen wird.

Sono spiegelt die brachiale Tragik hinter den persönlichen Dramen mit einer expressiven Bildsprache wieder, die sich auch nicht scheut, während ruppiger Sexeinlagen mit rosa Farbe gefüllte Beutel platzen zu lassen, sodass der leicht zähflüssige Inhalt ebenso lüstern wie Abscheu erregend über die nackten Körper gleitet. Trieb und Lust mit exzessiven Ausdrucksformen scheinen in „Guilty of Romance“ die Folge einer gesellschaftlich in oberflächlichen Unverbindlichkeiten erstarrten Gemeinschaft zu sein. Die einzige Chance für die unterdrückten Frauen ist die Flucht in eine Nebenwelt, die sich dem ritualisierten Alltagsleben wenigstens teilweise entzieht. Entsprechend grell gestaltet Sono die Erlebnisse der beiden Frauen im Vergnügungsviertel, um die unkontrollierbare Macht zu zeigen, die hier wüten kann. Kräftige Farben und die schmierige Realität eines leerstehenden Hauses, das aber so ästhetisch gefilmt wurde, dass es trotz der Abbruchatmosphäre auch schick aussieht, bilden widerstreitende visuelle Reize. Die Bilder erzählen von der emotionalen und körperlichen Tragik, die nicht nur das Schicksal der Frauen in seinem Film, sondern auch die Schizophrenie der Gesellschaft widerspiegelt. Der pathologische Riss hat Seelen und Körper erfasst. Die grausame Tat, mit der die Erzählung beginnt und endet ist der physische Ausdruck dieser rasenden Kräfte, die oft im Verborgenen brodeln.

Bildqualität

Guilty of Romance

Das Bild der Bluray überzeugt mit einer klaren Schärfe, welche die ästhetischen Tableaus präzise wiedergibt. Die Schönheit der Bildgestaltung kommt dadurch gut zur Geltung. Unterstützt wird die gute Schärfe durch kräftige Farben im Dienste der ausdrucksstarken Szenerien. Der gute Kontrast sorgt auch in dunklen Szenen für eine gute Durchzeichnung.

Tonqualität

Die DTS-HD-Master-5.1-Tonspuren nutzen nur selten alle Kanäle aus, da der Film akustisch ein ruhiger Vertreter ist. Dennoch hätte man sich eine etwas dynamischere Abmischung der Musik wünschen können. Denn auch sie ist nur sehr dezent aus den hinteren Lautsprechern zu hören. Die Bandbreite der vorderen Boxen wird hingegen einwandfrei ausgenutzt. Die Dialoge sind gut verständlich.

Extras

Das etwa 53-minütige Making Of sieht üppiger aus als es ist. Man erfährt ein wenig über problematische Szenen, die manchen der Darsteller Schwierigkeiten bereitet hat, ansonsten besteht es im Wesentlichen aber aus Setaufnahmen vom Dreh und höflichen Äußerungen der Beteiligten.
Ein Trailer zum Film ist auf der Bluray auch noch enthalten.

Fazit

„Guilty of Romance“ spürt den Sehnsüchten seiner weiblichen Hauptfiguren nach, deren Ausdrucksformen angesichts einer steifen Gesellschaft immer wüstere Züge annehmen. Die aufregende Mischung aus Melodram und Thriller kann sich auf eine expressive Bildsprache verlassen, die mit der Handlung eine homogene Verbindung eingeht. Technisch ist die Bluray gut.

Stefan Dabrock

10.01.2013

   
Originaltitel Koi no tsumi (Japan 2011)
Länge 145 Minuten (24p)
Studio Rapid Eye
Regie Shion Sono
Darsteller Miki Mizuno, Makoto Togashi, Megumi Kagurazaka, Kazuya Kojima, Satoshi Nikaido, Ryûju Kobayashi, Kanji Tsuda, u.a.
Format 1:1,78 (16:9)
Ton DTS-HD-Master 5.1 Deutsch, Japanisch
Untertitel Deutsch
Extras Making Of, Trailer
Preis ca. 19 EUR
Bewertung sehr gut, technisch gut