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rezensionen

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03.03. Die weiße Mafia
16.02. Das Mädchen mit den schwarzen Strümpfen
11.02. Im Dutzend zur Hölle
28.01. Die Engel von St. Pauli
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06.01. Die Mörderklinik
12.12. Paul Temple: Jagd auf Z
27.11. Die drei Supermänner räumen auf
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03.10. Das Todeslied des Shaolin
15.09. Der Koloss von Konga
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11.08. Menschen im Hotel
06.08. Mädchen: Mit Gewalt

kurzrezension

09.11. Return of the Warrior
30.05. Iron Sky - Director's Cut (blu-ray)
21.05. Captain Invincible oder „Wer fürchtet sich vor Amerika?“
22.04. True Justice: Angel of Death – Der Todesengel (blu-ray)

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Das Bild ist alles

Red Nights

Red Nights

1992 war laut imdb.com das produktivste Jahr in Carrie Ngs Karriere als Schauspielerin. Die Hongkong-Chinesin brachte es dabei nicht nur auf satte 18 Filme, sie verkörperte in Clarence Fords „Naked Killer“ („Chik loh go yeung“) auch die ikonographische Figur der sexuell motivierten Killerin Princess, die in die Geschichte des 1990er-Jahre Hongkong-Kinos eingegangen ist. Mit lasziver Überlegenheit, sadistischem Unterton und Freude an einer Mischung aus Sex und Gewalt wanderte sie durch ein Hochglanzszenario, das menschliche Triebe in aufregend schöne, abgründige Bilder übersetzte.
17 Jahre danach verkörperte sie in „Red Nights“ die Kunstsammlerin Carrie Chan, deren Hang zu sadomasochistischen Spielen mit Princess verwandt ist, zeigt aber weniger Haut als damals. Chan interessiert sich für den legendären Jadestein, weil sich im Inneren der chinesischen Antiquität aus der Zeit des ersten Kaisers eine Phiole mit einem erschreckenden Gift befindet. Die Substanz ist in der Lage einen Menschen vollständig zu lähmen, steigert aber sein Lust- beziehungsweise Schmerzempfinden zu unermesslicher Größe. Die Französin Catherine Trinquier (Frédérique Bel), die wegen Mordes an ihrem Partner Savani (Leon Hill) gesucht wird, besitzt das wertvolle Stück und will es gewinnbringend verkaufen. Aber Chan ist nicht die Frau für einen sauberen Deal. Sie verwickelt Catherine in ein durchtriebenes Spiel um Macht und Lust. Gleichzeitig will sich auch der Triadenboss Mister Ko (Jack Kao) den Jadestein unter den Nagel reißen. Catherine droht, völlig zerrieben zu werden.

„Red Nights“ ist kein Film, der über die Dramaturgie seiner Handlung funktioniert. Die Thrillermomente sind für sich genommen zwar sauber inszeniert, aber der gesamte Strang der Aktionen entwickelt sich zu dezent, als dass er sich ins Zentrum des Interesses bewegen könnte. Viel wichtiger als die offensichtlichen Auseinandersetzungen um den Jadestein ist Chans Motivation, ihn besitzen zu wollen. Ihr Partner probt gerade eine chinesische Oper, in der es um das Glück eines verliebten Paares geht, einen gemeinsamen Tod zu finden. Die Lust am eigenen Ableben verbindet sich bei Chan mit der Lust an sadistischen Praktiken zu einem Leben im Dienste ihrer abgründigen Triebe, die ihr sexuelle Freude bereiten. Wenn sie mordet, dann spielt nicht nur die Erregung angesichts der Macht eine Rolle, die sie über das Dasein Red Nights eines anderen Menschen hat, sie kokettiert auch mit dem Risiko, selbst drauf zu gehen. Denn gegenüber Catherine begibt sich Chan in Situationen, die sie nicht zwangsläufig beherrschen kann. Nach einem gescheiterten Anschlag auf die Französin beginnt sie ein Spiel mit dem Feuer. Hinter ihrer Dominanz steckt auch eine verkappte Todessehnsucht. Erst die Mischung kann sie innerlich befriedigen.
Die brachialen Ausprägungen der Triebe spiegeln sich in elegant ausgeleuchteten und expressiv gestalteten Bilderarrangements sowie expliziten Gewaltszenen wider. Chan erkundet die Körper ihrer Opfer, indem sie diese an den Rand des Todes führt, bevor sie final zuschlägt. Schweißperlen, heftiges Atmen, Schmerzensschreie und austretendes Blut werden zu einer ebenso grausamen wie intensiven Komposition existenzieller Zustände. Chan will wissen, wo die Grenze des Lebens liegt. Dafür geht sie über Leichen. Im Extremen findet sie die Befriedigung ihrer Neugier und ihrer Lust.

Aggressives Rot gepaart mit dem tiefen Schwarz verwendeter Latexhüllen übersetzt die wilde Natur der Triebe in passende Bilder. Die Kameraarbeit nutzt grelle Farben, Hochglanzästhetik und flüssige Bewegungen für makellose Szenerien, deren harte Kontraste bedrohlich wirken. Dabei entwickelt die unmittelbare Nähe der scheinbaren Gegensätze Leben und Tod eine bizarre Anziehungskraft, die an widerstreitende Gefühle beim Zuschauer appelliert. Einerseits wirkt die elegante Ästhetik unschuldig-rein, andererseits lässt sich das Verdorbene der hemmungslosen Triebsteuerung nicht leugnen. Gewalt und Mord sind eben kein Ideal gängiger Moralvorstellungen. „Red Nights“ arbeitet sich mit wuchtigen Bildern daran ab, wie brüchig die angeblich normale Friedfertigkeit des Menschen ist.

Bildqualität

Red Nights

Die Bildqualität der Bluray ist hervorragend. Gestochen scharfe Konturen treffen auf einen hohen Detailgrad, der auch die kleinste Schweißperle noch präzise wiedergibt. Darüber hinaus entwickeln die Farben eine beeindruckende Intensität im Dienste der optischen Kompositionen. Das gleiche gilt für den Kontrast, der alle Bildelemente sauber voneinander trennt und einen tiefen Schwarzwert bei gleichzeitig guter Durchzeichnung garantiert.

Tonqualität

Die DTS-HD-Master-5.1-Tonspuren haben keine große Möglichkeit, einen starken Raumklang zu erzeugen. Dafür ist der Film zu reduziert angelegt. Zwischendurch nutzt die Musik auch die hinteren Lautsprecher, um die Atmosphäre zu steigern. Das gelingt recht ordentlich, hätte aber auch etwas dynamischer ausfallen dürfen. Die Dialoge sind klar und verständlich.

Extras

Der „Alternative Anfang“ zeigt eine längere Version der Eingangssequenz, die den Weg vom Restaurant, in dem sich Carrie Chan und ihre Gespielin treffen, zum Endpunkt des Rendezvous mit zusätzlichen Szenen bebildert. Nicht uninteressant, aber die endgültige Filmversion ist aufgrund der dichteren Schnittfolge besser.
Der 15-minütige Kurzfilm „Betrayel“, der während der Dreharbeiten zu „Red Nights“ entstand, ist so etwas wie eine Fußnote zum Hauptfilm. Carrie Ng spielt ganz offensichtlich die gleiche Figur wie in „Red Nights“, die hier in einen Verrat gerät. Während des ganzen Films ist Ngs Off-Kommentar zu hören, in dem sie ihre Philosophie über den Zusammenhang zwischen Beute und Jägerin zum besten gibt. Stilistisch erinnert der Film durch die ähnliche Optik an den Hauptfilm.
Der gut fünfminütige Beitrag „Die Weltpremiere“ besteht aus Interviews am roten Teppich mit den Regisseuren sowie Hauptdarstellerin Carrie Ng, die beim Filmfestival vom Toronto durchgeführt wurden. Besonders substantiell sind die Aussagen nicht, aber die Impressionen haben ihren Reiz.
Ein Trailer zu „Red Nights“ ist auf der Bluray ebenfalls enthalten.

Fazit

„Red Nights“ versucht mit grellen Farben, schicker Hochglanzästhetik und expliziten Gewaltszenen die Triebhaftigkeit des Menschen sowie die zarte Linie zwischen moralischer Anständigkeit und brachialem Furor zu ergründen. Dank der technisch sauberen Umsetzung gelingt ihm das Unterfangen eindrucksvoll. Die Thrillerhandlung dient dabei nur als Aufhänger, um in Bildern zu schwelgen, die als eigentliche Erzählung fungieren. Technisch ist die Bluray gut.

Stefan Dabrock

27.03.2013

   
Originaltitel Les nuits rouges du bourreau de jade (Hongkong/Frankreich/Belgien 2009)
Länge 102 Minuten (24p)
Studio Mad Dimension
Regie Julien Carbon, Laurent Courtiaud
Darsteller Frédérique Bel, Carrie Ng, Carole Brana, Stephen Wong Cheung-Hing, Kotone Amamiya, Maria Chen, Jack Kao, Leon Hill, u.a.
Format 1:2,35 (16:9)
Ton DTS-HD-Master 5.1 Deutsch, Französisch/Kantonesisch/Mandarin/Englisch
Untertitel Deutsch
Extras Alternativer Anfang, Die Weltpremiere, Kurzfilm „Betrayal“, Trailer
Preis ca. 17 EUR
Bewertung gut, technisch gut