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rezensionen

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kurzrezension

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dvd

Verstand und Gefühl

Dragon

Internationale Version

Dragon

Nachdem Peter Chan Ho-Suns Martial Arts-Krimi „Dragon“ 2011 beim Filmfestival in Cannes wohlwollend aufgenommen wurde, erscheint das Werk nun hierzulande auf dem Heimkinomarkt. Gleich vorweg muss man jedoch sagen, dass nur die rund 15 Minuten kürzere internationale Version veröffentlicht wird. Ob das ein Nachteil ist, lässt sich ohne Kenntnis der längeren Version nicht sagen. Denn Takashi Miikes „Sukiyaki Western Django“ bewies mit seiner internationalen Fassung, dass Straffungen einem Film auch sehr gut tun können.
Jinxi Liu (Donnie Yen) hat sich im Jahr 1917 in einem kleinen Dorf in der chinesischen Provinz Yunnan eine ruhige Existenz aufgebaut. Er arbeitet in einem Handwerksbetrieb der Papierherstellung, der ihm ein Einkommen für seine Familie sichert. Die Idylle aus pittoresk anmutenden Häusern inmitten schöner Natur wird jedoch getrübt, als zwei Gauner bei einem Überfall Geld erbeuten wollen. Dank seines unbändigen Willens tötet Jinxi die Räuber im anschließenden Kampf. Er wird als Held gefeiert, der in Notwehr handelte, aber der ermittelnde Detective Bai-Jiu Xu (Takeshi Kaneshiro) hinterfragt die Darstellung des einfachen Mannes, der die Verbrecher besiegen konnte. Hartnäckig kommt er der wahren Identität Jinxis auf die Spur, der noch vor zehn Jahren einer der Anführer der berüchtigten Bande der 72 Dämonen war. Bai-Jiu glaubt, dass Jinxi seine Gegner gezielt umgebracht hat und will ihn ins Gefängnis bringen. Dadurch bricht nicht nur dessen neues Leben zusammen, auch die Dorfgemeinschaft gerät in Gefahr. Denn der Chef der 72 Dämonen (Jimmy Wang Yu), der gleichzeitig Jinxis Vater ist, will die familiäre Schmach tilgen, die ihm sein Sohn mit der Abkehr vom Verbrechen bereitet hat.

Alles beginnt ganz klassisch. Die Harmonie der Dorfgemeinschaft wirkt so friedlich, dass sie wie ein natürliches Monument der Stabilität erscheint. Und natürlich kommt es, wie es in einem Film kommen muss, der keine meditative Bebilderung der Ereignislosigkeit sein will: Die Friedlichkeit ist zu schön, um wahr zu sein. Von Außen dringen böse Kräfte in Form der Räuber Dragon ein, die das Gleichgewicht stören. Aber auch wenn ihre Gewalt nicht aus der Dorfgemeinschaft selbst entsteht, sind sie doch nur ein Katalysator zur Beschleunigung der Dynamik, die im Dorf selbst schlummert, seit Jinxi vor zehn Jahren einer der ihren wurde. Seine Vergangenheit als Verbrecher holt nicht nur ihn, sondern seine Nachbarn gleich mit ein. Daraus entwickelt sich einerseits die moralische Frage, ob so jemand eine zweite Chance verdient hat und ob er mit seinem Versteckspiel unbescholtene Menschen in Gefahr bringen darf, andererseits verweist die Eingangsepisode auf die trügerische Natur der scheinbar sicheren Wahrheit.

Der Detective Bai-Jiu hat es sich zur Aufgabe gemacht, hinter die Fassaden zu schauen. Seit er in der Vergangenheit für einen Akt der Gnade mit einer Vergiftung bezahlen musste, ist sein emotionales Wesen zerstört. Für ihn gibt es nur noch die Logik des Gesetzes, dem er mithilfe des Verstandes Geltung verschaffen will. Sein kriminalistisches Geschick offenbart sich gleich zu Beginn auf atemberaubende Weise, wenn die harmlose Erzählung Jinxis über den Kampf mit den Bildern kontrastiert wird, die sich Bai-Jiu wie ein zufälliger Zeuge vom wahren Ablauf des Geschehens macht. Seine polizeilichen Ermittlungen durchbrechen die harmlose Geschichte, indem sie die Doppelbödigkeit der Bilder zeigen. Dabei dringt er zu einem scheinbaren Kern vor, der jedoch auch nur einseitig geprägt ist. Denn der rationale Blick auf den ehemaligen Verbrecher Jinxi, der noch einmal töten musste, vernachlässigt jegliche Empathie gegenüber dessen neuem, auf ehrlicher Arbeit aufgebautem Leben. Die moralische Bewertung ist einfach komplexer, als Bai-Jiu mit seiner Verstandshörigkeit erfassen kann.

Er steht für den rationalen Teil der menschlichen Natur, während Jinxis Vater die reine Ausprägung unkontrollierter Emotionen verkörpert. Wutschnaubend setzt er seine überirdisch anmutenden Kampffähigkeiten ein, um sich an seinem Sohn zu rächen. Jinxi selbst ist es zehn Jahre lang gelungen, die emotionalen sowie die rationalen Kräfte seines Wesens auszubalancieren. Um diese Einheit muss er wieder kämpfen, will er nicht untergehen.

Peter Chan Ho-Sun verwebt die philosophische Suche nach dem Ideal der Harmonie auf kunstvolle Weise mit der Kriminal- sowie der Familiengeschichte. Bai-Jiu und Jinxis Vater beschwören eine Dynamik hervor, die sich in visuellen Metaphern niederschlägt. Der friedliche Bach entwickelt sich in seinem weiteren Verlauf zu einem tosenden Wasserfall, dessen Gischt die Gefahr des Todes nachdrücklich reflektiert. Der Verstandesmensch Bai-Jiu wird von Jinxi auf einem Abkürzungspfad in das Zwielicht des Waldes geführt, dessen undurchsichtige Natur den Detective übermannt, der auf unbekanntem Terrain aus der Fassung gerät. Selbst sein rationales Wesen ist nicht so statisch, als dass es in ihm nicht auch brodeln würde. Die schwelende Aufruhr erfüllt „Dragon“ mit einer dauerhaften Atmosphäre des Unberechenbaren, deren Bedrohlichkeit über Sicherheit und Unsicherheit der Wahrnehmung reflektiert. An zentralen Stellen bricht die Kraft in packenden Kämpfen hervor, deren dynamische Bewegungen sich so perfekt in die jeweiligen Orte des Geschehens einfügen, das selbst hier eine grandiose Doppelbödigkeit entsteht. Der Disharmonie der Prügeleien steht die reibungslose Eleganz der Choreographie gegenüber. Nichts ist sicher im Staate Yunnan, außer dass man immer versuchen sollte, die Balance zu bewahren, auch wenn Vergangenheit und Gegenwart ihr rabiates Haupt erheben.

Bildqualität

Dragon

Die Bluray wartet mit einem scharfen Bild auf, das die Dorfidylle sowie die umgebende Natur detailreich herausarbeitet. Sowohl bei hellen als auch bei dunklen Szenen überzeugt die Darstellung der jeweiligen Handlungsorte weitgehend. Nur manchmal ist die Durchzeichnung im Zwielicht nicht so gut, dass alle Details erkennbar sind. Die Farben geben die grauen Steintöne ebenso souverän wieder wie die grüne Opulenz einzelner Waldbereiche. Jenseits kleiner Schwächen ist der Kontrast einwandfrei.

Tonqualität

Die DTS-HD-Master-5.1-Tonspuren fügen Umgebungsgeräusche und Dialoge auf harmonische Weise zusammen. So entsteht eine komplexe- räumliche Atmosphäre, die nicht unbedingt auf den ganz großen Radau setzt, in entscheidenden dramatischen Momenten aber dynamisch zuschlägt.

Extras

Das Bonusmaterial auf der Bluray besteht aus dem Trailer zum Film.

Fazit

„Dragon“ widmet sich dem klassischen Martial Arts-Thema der Suche nach harmonischer Balance. Peter Chan Ho-Sun verwebt diese philosophische Betrachtung kunstvoll mit einer Kriminal- und Familiengeschichte, um über die Bedrohung durch einseitige Ausrichtung auf Ratio und emotionale Sichtweisen zu reflektieren. Gleichzeitig stellen sich angesichts der Erzählung moralische Fragen über das Recht auf eine zweite Chance nach einem Leben als Verbecher. Technisch ist die Bluray gut.

Stefan Dabrock

31.05.2013

   
Originaltitel Wu Xia (China 2011)
Länge 98 Minuten (Pal)
Studio Senator
Regie Peter Chan Ho-Sun
Darsteller Takeshi Kaneshiro, Donnie Yen, Wei Tang, Jimmy Wang Yu, Kara Hui, Wu Jiang, Yu Kang, u.a.
Format 1:1,85 (16:9)
Ton DTS-HD-Master 5.1 Deutsch, Mandarin
Untertitel Deutsch
Extras Trailer
Preis ca. 14 EUR
Bewertung sehr gut, technisch gut