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Mini-Wiedervereinigung

Die Dubrow-Krise

Die Dubrow-Krise

Wolfgang Menge hat als Drehbuchautor deutsche Fernsehgeschichte geschrieben. Von der Krimi-Serie „Stahlnetz“ (BRD 1958 – 68) über visionäre Fernsehfilme wie „Das Millionenspiel“ (BRD 1970) und die komödiantische, am Puls der westdeutschen Volksseele befindliche Familienserie „Ein Herz und eine Seele“ (BRD 1973 – 76) reicht sein Schaffen bis in die 1990er Jahre hinein. „Die Dubrow-Krise“ ist eines seiner exzellent geschriebenen Fernsehspiele, in dem er zentrale Fragen der späteren Wiedervereinigung mit hintergründigem Witz vorwegnahm.
Das dokumentarisch gestaltete Szenario befasst sich mit der fiktiven Frage eines merkwürdigen Vorfalls an der deutsch-deutschen Grenze während der Zeit des Kalten Krieges. Ein Vermesser der damals noch existierenden DDR stellt bei einer Überprüfung des Grenzverlaufs zur BRD fest, dass die bisher angenommene Linienführung nicht korrekt ist. Die Grenztruppen der DDR werden daraufhin angewiesen, im Dunkel der Nacht den Fehler zu korrigieren und die Sperranlagen ein paar Kilometer nach Osten zu verschieben. Der Umbau führt dazu, dass das bisher in der DDR befindliche Dorf Dubrow auf einmal Teil der Bundesrepublik Deutschland geworden ist. Die Bewohner haben freien Zugang zum bisher abgeriegelten Westen, können jedoch nicht mehr in die DDR einreisen. Die spektakuläre Veränderung ruft die Dorfbewohner, westdeutsche Journalisten und andere Interessierte auf den Plan, während die politischen Führungen in Bonn, Washington, Ostberlin und Moskau weitgehend still agieren.

Das „Was wäre wenn“-Gedankenspiel ist im Stile eines Dokudramas inszeniert, als bilde es ein reales Ereignis ab. In seinem Fernsehstudio hat ein Diskussionsleiter (Thomas Fabian) Bruno Roggenbrodt (Rudolf Beiswanger), den damaligen LPG-Leiter von Dubrow, den aus dem Bonner Politikzirkel stammenden Dr. Unger (Joachim Wichmann) und Anneliese Lentführ (Ruth Winter), eine Mitarbeiterin aus dem Vermessungswesen der DDR, versammelt. Zwischen den Spielszenen über die Ereignisse vor Ort kommentieren sie den Ablauf des Geschehens, um ein möglichst authentisches Bild zu zeichnen.
Dabei ist es höchst faszinierend, wie exakt Menge die späteren Fragestellungen im Zuge der Wiedervereinigung vorhergesehen hat. Das Umtauschverhältnis von Ost- zur D-Mark ist ebenso ein großes Thema wie Ansprüche möglicher Alteigentümer auf das Land, das sich nun auf einmal im Herrschaftsgebiet der BRD befindet. Was damals noch satirisch aufgespießt wurde, indem der westdeutsche Industrielle mit seinen Begehrlichkeiten so unsympathisch wie unverfroren dargestellt worden ist, äußerte sich nach der Wiedervereinigung schließlich in einer komplizierten Regelung mit dem bitteren Grundsatz „Rückgabe vor Entschädigung“.
Neben solch hellsichtigen Kommentaren zur rechtlichen Problematik gehören die Szenen zu Die Dubrow-Krise den stärksten des Films, in denen Menge und Regisseur Eberhard Itzenplitz auf differenzierte Weise der Befindlichkeit der Bewohner von Dubrow nachspüren. Denn die absurde Veränderung der politischen Situation stellt die Menschen vor eine Identitätsfrage, die sie völlig überraschend trifft. Funktionäre wie der Bürgermeister oder der LPG-Leiter sowie Staatsbedienstete wie der örtliche Volkspolizist müssen sich ebenso wie die einfachen Bauern mit dem Verlust der bisherigen Staatszugehörigkeit auseinandersetzen. Das sorgt bei denjenigen für Freude, die geschäftstüchtig Teil des Jahrmarktes aus Ess- und Spaßbuden werden, der sich inzwischen im Dorf breitgemacht hat. Andere wiederum geraten in eine Sinnkrise, die sie nicht so ohne Weiteres abschütteln können.
Aus den individuellen Reaktionen der Bevölkerung, den zugespitzten Aktionen der Journalisten, die das Ereignis voller Freude ausschlachten, der Jahrmarkatmosphäre, die sich in dem zur Touristenattraktion verkommenen Dubrow breitmacht, und der weitgehend wortlosen Politik haben Menge und Itzenplitz ein intelligentes Planspiel in Szene gesetzt, das gesellschaftliche, politische und juristische Fragen aufgreift, die später eine zentrale Bedeutung erlangen sollten.

Bildqualität

Die Dubrow-Krise

Das Bild sieht etwas weich aus, was bei Fernsehproduktionen Ende der 1960er Jahre nicht überraschend ist. Aus der Schwäche wird vor dem Hintergrund des Dokudramastils eine Stärke, weil der Film so auch heute noch eine erhebliche Authentizität besitzt. Er sieht wie ein reales Zeitdokument aus. Den zu Beginn etwa zehn Minuten sichtbaren Laufstreifen hätte man dazu aber nicht gebraucht. Der Kontrast ist in Ordnung, aber nicht so differenziert wie bei heutigen Schwarz-Weiß-Filmen. Die Körnung des Materials stört nicht. Insgesamt ist die Bildqualität in Ordnung.

Tonqualität

Das gilt auch für den 2.0-Mono-Ton, dessen Dialoge gut verständlich sind, auch wenn sie etwas dumpf klingen. Nennenswerte Verzerrungen gibt es nicht.

Extras

Bonusmaterial existiert nicht.

Fazit

„Die Dubrow-Krise“ ist ein herausragendes Beispiel für intelligent gemachtes Fernsehen, das zurecht den Grimme-Preis erhielt. Gesellschaftliche wie individuelle Fragestellungen der späteren Wiedervereinigung nahmen Drehbuchautor Wolfgang Menge und Regisseur Eberhard Itzenplitz ebenso satirisch wie einfühlsam vorweg. Technisch ist die DVD in Ordnung.

Stefan Dabrock

28.10.2013

   
Originaltitel Die Dubrow-Krise (BRD 1969)
Länge 97 Minuten (Pal)
Studio Pidax Film
Regie Eberhard Itzenplitz
Darsteller Thomas Fabian, Rudolf Beiswanger, Joachim Wichmann, Gustav Burmester, Hans-Rolf Radula, Traugott Buhre, Hans Häckermann, Jochen Rathmann, u.a.
Format 1:1,33 (4:3)
Ton DD 2.0 Mono Deutsch
Untertitel -
Extras -
Preis ca. 16 EUR
Bewertung sehr gut, technisch in Ordnung