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rezensionen

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kurzrezension

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22.04. True Justice: Angel of Death – Der Todesengel (blu-ray)

dvd

Angstbewältigung

Nightmare Detective 2

Nightmare Detective 2

Shinya Tsukamotos Fortsetzung zu seinem Film „Nightmare Detective“ nutzt einen verhängnisvollen Streich unter Schülerinnen für die visuelle Umsetzung verdrängter Angstzustände. Die 15jährige Yukie sucht den Nightmare Detective des ersten Teils auf, der in die Träume anderer Menschen eindringen kann. Dadurch gelingt es ihm, die Menschen von ihren Schreckensszenarien zu befreien, die sich in den Albträumen offenbaren. Seit Yukie zusammen mit ein paar Freundinnen ihre Mitschülerin Kikukawa zum Spaß in einen dunklen Raum eingesperrt hat, wird sie in ihren Träumen von Kikukawa heimgesucht. Deswegen bittet sie den Nightmare Detective um Hilfe. Der lehnt jedoch zunächst ab. Erst als die Mitschülerinnen Yukies, die ebenfalls am Streich beteiligt waren, zu Tode kommen und er eine Verbindung zu seiner eigenen Vergangenheit sieht, beschließt der Nightmare Detective, sich der Sache anzunehmen.

Formal bedient sich Tsukamoto einiger inzwischen klassischer Stilmittel des japanischen Horrorkinos, wenn er beispielsweise eine Frau mit langen Haaren bedrohlich durch den Raum schweben lässt, ohne dass das Gesicht zu sehen ist. Dennoch ist „Nightmare Detective 2“ alles andere als nur ein epigonales Werk, das bekannten Vorbildern huldigen würde. Denn Tsukamoto hat anderes im Sinn. Die Schülerin Kikukawa taucht nicht nur deswegen in den Träumen Yukies auf, weil ihr ein wenig komischer Streich gespielt wurde, sie hat auch eine Nightmare Detective 2 Vorgeschichte. Wie der Nightmare Detective hat sie übersinnliche Fähigkeiten, da sie eine Verbindung zu den Gedanken anderer aufbauen kann. Das sorgt zwar für eine stärkere Nähe zu den Menschen aus ihrer Umgebung, führt letztlich aber zu ihrer Isolation, weil sie angesichts der ungewöhnlichen Fähigkeit, die sie mit niemandem teilen kann, nahezu verstummt. So ist Kikukawas Auftritt in den Träumen Yukies auch ihre einzige Möglichkeit, angesichts der erlittenen Angst im dunklen Raum, mit der Peinigerin zu kommunizieren. Ihr Trauma besteht also nur auf einer ersten Ebene in der beschriebenen Angsterfahrung, auf einer zweiten Ebene geht es um ihre Schwierigkeit, sich anderen Menschen auf sprachliche Weise mitzuteilen. Da niemand für ihre Fähigkeit Verständnis hat, Verbindung zu den Gedanken anderer aufnehmen zu können, sondern sie stattdessen mit Ablehnung überschüttet wird, bleibt ihr ein normales soziales Miteinander verwehrt.

Das ist auch das zentrale Thema in „Nightmare Detective 2“, der mit Hilfe der Albtraumwelten über disfunktionale Beziehungen sowie die daraus resultierenden psychischen Verwerfungen reflektiert, wobei es vor allem um familiäre Beziehungen geht. So ist das Schicksal Kikukawas mit den Erfahrungen des Nightmare Detectives verknüpft, der als Kind den tragischen Selbstmord seiner Mutter miterleben musste, weil diese angesichts des übersinnlichen Szenarios in einen depressiven Zustand verfallen ist. Yukie wiederum lebt mit ihrer alleinerziehenden Mutter zusammen, die ständig auf Geschäftsreise ist und nicht ans Telefon geht, wenn Yukie mit ihr reden möchte. Aus der Sprachlosigkeit der Gesellschaft, für die die Schicksale der Hauptfiguren stehen, entwickelt sich eine rohe Kraft, da zentrale emotionale Befindlichkeiten unterdrückt werden. Sie brechen in den Albträumen auf umso kraftvollere Weise heraus, ohne dass dadurch eine Auflösung des inneren Drucks möglich wäre. Die Bildsprache reflektiert das hoffnungslose Szenario mit reduzierten Farben und absurden Angstphantasien, die oftmals alltägliche Situationen in unangenehme Erfahrungen verwandeln. So sitzt Yukie in ihren Traum immer wieder in einer Toilette mit Trennwänden aber ohne Türen, die sich in einer großen Halle befindet. Sie kann nicht genau sehen, was sich neben ihr abspielt, so dass eine Bedrohungssituation angesichts seltsamer Geräusche und plötzlich auftauchender Gliedmaßen entsteht. Gleichzeitig ist sie aufgrund der offenen Bauweise völlig schutzlos. Der gewöhnliche Ort, der erst durch das veränderte Arrangement eine absurde Note erhält, verankert die psychischen Verwerfungen und ihre Auswirkungen auf die Figuren mit deren Alltag.

Erst die Interaktion zwischen mehreren Personen mit ähnlichem Schicksal bringt eine Dynamik in die festgefahrene Situation, die Tsukamoto schließlich auf brillante Weise bündelt, wenn in einer zentralen Traumsequenz die traumatischen Erfahrungen der verschiedenen Figuren elegant ineinander fließen. Dadurch gelingt dem Regisseur ein inszenatorischer Höhepunkt, der die zentrale Thematik noch einmal intensiviert und gleichzeitig Kommunikation als existenzielle Kulturtechnik würdigt, auch wenn sie hier nur in übertragener Form stattfindet.

Bildqualität

Nightmare Detective 2

Das saubere Bild der DVD leistet sich bei der Schärfe kaum Schwächen. Klare Konturen überzeugen ebenso wie der Detailgehalt gut ausgefallen ist. Nur hier und da kommt es zu einem leichten Flimmern der Konturen, dass aber nicht besonders auffällig ist. Die reduzierte Farbpalette wurde gut auf die DVD übertragen. Dunkle Szenen wirken aber ein wenig milchig und nicht besonders gut durchzeichnet, so dass einige Details verschluckt werden. Ansonsten überzeugt der Kontrast, so dass sie die einzelnen Bildelemente klar voneinander abheben. Störende Rauschmuster gibt es nicht.

Tonqualität

Die 5.1-Tonspuren verfügen über verständliche Dialoge die sauber mit den restlichen Geräuschen abgemischt wurden. Dank eines souveränen Einsatzes der hinteren Lautsprecher für diverse Toneffekte entsteht eine sehr gute räumliche Atmosphäre, die dem Spannungsaspekt des Films gerecht wird. Die Dynamik sorgt ihrerseits für die packende Wirkung des Tons.

Extras

Das „Making Of“ (etwa 20 Minuten) besteht aus unkommentiertem B-Roll-Material vom Dreh, das aber immerhin mit Untertiteln versehen wurde, so dass man den Regieanweisungen Tsukamotos folgen kann. Besonders spannend ist das aber nicht.
Ein Trailer rundet das Bonusmaterial ab.

Fazit

„Nightmare Detective 2“ nutzt die Hülle eines scheinbar relativ konventionellen Japan-Horrorfilms, um sich mit disfunktionalem Sozialverhalten auseinanderzusetzen, das vor allem durch Kommunikationslosigkeit zu psychischen Verwerfungen bei den zentralen Figuren geführt hat. Technisch ist die DVD gut.

Stefan Dabrock

04.01.2010

   
Originaltitel Akumu Tantei 2 (Japan 2008)
Länge 99 Minuten (Pal)
Studio Sunfilm
Regie Shinya Tsukamoto
Darsteller Ryuhei Matsuda, Yui Miura, Wako Andô, Miwako Ichikawa, Hanae Kan, Toshiyuki Kitami, u.a.
Format 1:1,85 (16:9)
Ton DTS Deutsch, DD 5.1 Deutsch, Japanisch
Untertitel Deutsch
Extras Making Of, Trailer
Preis ca. 15 EUR
Bewertung gut, technisch gut