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rezensionen

30.03. Paul Temple und der Fall Marquis
03.03. Die weiße Mafia
16.02. Das Mädchen mit den schwarzen Strümpfen
11.02. Im Dutzend zur Hölle
28.01. Die Engel von St. Pauli
21.01. Die Todeskralle des grausamen Wolfes
06.01. Die Mörderklinik
12.12. Paul Temple: Jagd auf Z
27.11. Die drei Supermänner räumen auf
30.10. Die Heuchler
10.10. X 312 … Flug zur Hölle...
03.10. Das Todeslied des Shaolin
15.09. Der Koloss von Konga
26.08. Das Omen des Bösen
11.08. Menschen im Hotel
06.08. Mädchen: Mit Gewalt

kurzrezension

09.11. Return of the Warrior
30.05. Iron Sky - Director's Cut (blu-ray)
21.05. Captain Invincible oder „Wer fürchtet sich vor Amerika?“
22.04. True Justice: Angel of Death – Der Todesengel (blu-ray)

blu-ray

Goldener Tod

Töte, Django

Töte, Django

Giulio Questis einziger Italowestern – der Regisseur mochte das Genre nämlich nicht – ist eine bittere Abrechnung mit der Verderbtheit des Menschen, die nie besiegt, sondern bestenfalls gezähmt werden kann.
Ein namenloser Mexikaner (Tomás Milian) freut sich zu früh über die reichhaltige Goldbeute, die er mit ein paar Spießgesellen erbeutet hat. Denn sein Komplize Oaks (Piero Lulli) will das Vermögen aus rassistischen Gründen nicht mit Mexikanern teilen. Oaks und seine weißen Freunde schießen ihre mittelamerikanischen Bandenmitglieder einfach über den Haufen, müssen aber hinnehmen, dass sie bei der Aktion einen Großteil der Pferde verlieren. Erschöpft erreichen sie ein unscheinbares Kaff in der Wüste, wo sie sich mit neuen Reittieren versorgen wollen. Aber die Bürger des Städtchens knüpfen die Neuankömmlinge auf, nachdem sie festgestellt haben, dass es sich um reiche Banditen handelt. Inzwischen taucht auch der namenlose Mexikaner in dem Ort auf, der von zwei Indianern gerettet wurde, nachdem er sich aus dem Grab herausgearbeitet hatte. Er setzt Oaks, den letzten Überlebenden der Gauner, mit Goldkugeln außer Gefecht. Fortan entwickelt sich in dem Kaff ein Kampf um die Beute der Räuber sowie die Gunst des Fremden, der scheinbar außergewöhnliche Fähigkeiten hat.

Questi ist in erster Linie nicht daran interessiert, die Regeln des Italowestern zu bedienen, er will die unbarmherzigen Abgründe der menschlichen Natur aufzeigen, die ungezähmt in rücksichtsloser Gewalt münden. Aus der für das Genre typischen direkten Bildsprache entsteht eine Atmosphäre des Grauens, in der das Übel punktgenau reflektiert wird.
Questi treibt daher den Symbolismus, der auch in anderen Genrevertretern präsent ist, auf die Spitze. Die Erzählung besitzt eine eigene Kraft jenseits ihrer dramaturgischen Mechanik. Der fremde Mexikaner ist, seitdem er das Grab hinter sich gelassen hat, nicht mehr der goldgierige Bandit. Als strafender Racheengel reitet er hinter denen her, die ihn übers Ohr gehauen haben. Er verfolgt übergeordnete Ziele, statt sich noch an der Jagd nach dem schnöden Mammon zu beteiligen. Die Menschen, die ihren Abgründen ungezügelt verfallen sind, sollen selbst darin zugrunde gehen. Dabei landet der Mexikaner in einem verschlafenen Nest, in dem die Verderbtheit wie einst in den biblischen Orten Sodom und Gomorrah zu Hause ist. Kinder dienen in dieser Vorhölle als Fußbänke und die Einwohner missbrauchen ihren aufgesetzten Gerechtigkeitssinn als Vorwand, um die Banditen ohne Gerichtsverfahren aufzuknüpfen. Die angeblich Rechtschaffenen wollen aber nur das Gold einsacken. Die Gauner sind gerade in Töte, Django diesem Kaff gestrandet, weil sie sich durch den Verrat an den Mexikanern auf dieselbe Stufe der Asozialität begeben haben wie die Bewohner. Das Städtchen symbolisiert die Abgründe egoistischen Strebens nach dem eigenen Vorteil, das in grenzenloser Habgier, Gewalt und der Aufkündigung jeglicher Sozialbindungen endet.

Dabei sieht der Ort oberflächlich betrachtet nicht einmal besonders widerlich aus. Die einfachen Häuser im staubigen Ambiente laden zwar nicht unbedingt zum Verweilen ein, aber wie die Vorhölle wirken sie auch nicht. Questi findet die Abgründe in einer relativ gewöhnlichen Umgebung, in die er Bilder des Grauens pflanzt, um die Gewalt auf allgemeine Weise mit der menschlichen Natur zu verbinden. Der Egoismus lauert in jedem von uns und wenn er grenzenlos konsequent zu Ende geführt wird, dann fallen die Schranken der Zivilisation zugunsten der Bestie. Die goldenen Kugeln im Körper des noch lebenden Banditen Oaks verleiten die gierigen Einwohner dazu, mit bloßen Händen in seinem Oberkörper zu wühlen, bis er stirbt. Leben und Pietät haben angesichts des Edelmetalls jeden Wert verloren.
Der Fremde übt an diesem Ort keine persönliche Rache mehr aus, denn die wäre mit dem Tod seines Widersachers Oaks und dessen Spießgesellen bereits erledigt. Der Fremde hält als übergeordnete Instanz ein Strafgericht, bei dem die Schlechtigkeit des Menschen auf der Anklagebank sitzt. Dabei schließt er sich mal dem Barbesitzer (Milo Quesada), mal dem Kramladeninhaber (Francisco Sanz) und mal dem Anführer (Roberto Camardiel) einer Bande homoerotisch konnotierter Cowboys an. Seine Anwesenheit wirkt wie ein zusätzlicher Katalysator, der die Wirkung des Goldes noch verstärkt. Um in dessen Besitz zu gelangen oder diesen zu verteidigen, sind den Bewohnern selbst engste Angehörige, wie der eigene Sohn oder die eigene Ehefrau, nicht heilig.

Questis Kameramann Franco Delli Colli verleiht den rabiaten Auseinandersetzungen der gierigen Menschen eine irreale Note, die mit der übergeordneten Natur des ganzen Films korrespondiert. Eine Einstellung durch ein Wagenrad hindurch, welche die gerade ablaufende Schießerei entrückt, extreme Perspektiven oder offensiv eingefangene Brutalitäten, wie die Suche in Oaks Körper nach den goldenen Kugeln, scheinen zwar das filmsprachliche Arsenal des Italowestern zu bedienen, im Kontext der Erzählung kommt ihnen aber eine surreale Bedeutung zu.
„Töte, Django“ spielt in einer Zwischenwelt, die auf symbolischer Ebene das Gewaltpotenzial des Menschen reflektiert. Überall dort, wo Macht und Egoismus Vorteile versprechen, ist es zu Hause, auch wenn es nicht immer offen ausbricht. Das gilt nicht nur für das Streben nach Reichtum, das als dezent verklausulierte Metapher für den Kapitalismus funktioniert, sondern auch für andere Gebiete.

Bildqualität

Töte, Django

Für die Bluray wurde ein neuer HD-Transfer des Films angefertigt, der sich sehen lassen kann. Aufgrund guter Quellenlage erstrahlt „Töte, Django“ mit einer Schärfe, die für einen Italowestern absolut ungewöhnlich ist. Klare Konturen und ein sehenswerter Detailreichtum, der vor allem bei Halbtotalen und Nahaufnahmen ins Auge springt, bringen die Arbeit des Kameramanns Franco Delli Colli sehr gut zur Geltung. Hinzu kommt die prägnante Farbdarstellung, bei der sich auch ähnliche Sand- und Ockertöne differenziert voneinander abheben. Der ausgewogene Kontrast fällt positiv auf.

Tonqualität

Die 2.0-Tonspuren haben keine nennenswerten Schwierigkeiten, die Dialoge sauber wiederzugeben. Das Hintergrundrauschen hält sich in Grenzen, die Musik entfaltet ihre kraftvolle Wirkung. Der Originalton klingt etwas dumpfer als sein deutsches Pendant.
Der englische Monoton wirkt etwas weniger kraftvoll, kann sich aber sonst auch hören lassen. Nennenswerte Schwächen treten nicht auf.

Extras

Freunde deutscher Verleihgeschichte können auf der Bluray auch die kürzere deutsche Kinofassung anwählen.
Die knapp 30-minütige Featurette „Ray Lovelock in Conversation“ besteht aus einem Interview mit Lovelock, zu dessen ersten Filmen „Töte Django“ gehört. Der Schauspieler plaudert über seine Anfänge zwischen Werbespots und möglicher Fußballkarriere und erinnert sich an ein paar Aspekte zum Dreh. Insgesamt ein hübsches Gespräch.
Zwei Trailer zum Film und eine Bildergalerie sind auf der Bluray ebenfalls enthalten.
Im 32-seitigen Booklet stellt Pelle Felsch auf fünfeinhalb Seiten den Regisseur Giulio Questi vor und analysiert „Töte Django“. Die restlichen Seiten enthalten Nachdrucke der Aushangfotos zur Erst- und zur Wiederaufführung des Films.

Fazit

„Töte, Django“ ist weniger ein klassischer Italowestern als eine böse Abrechnung mit negativen Eigenschaften der menschlichen Natur, zu denen grenzenlose Habgier, Gewaltbereitschaft und Sadismus gehören. Die Jagd nach dem Gold erweist sich als dezent verklausulierte Kritik am Kapitalismus, in der das Streben nach Reichtum in den Untergang führt. Die Mechanik der asozialen Verhaltensweisen, mit denen sich die Figuren des Films bekriegen, lassen sich aber auf jeden Kontext übertragen, in dem purer Egoismus die Chance auf Vorteile verspricht. Technisch ist die Bluray sehr gut.

Stefan Dabrock

22.10.2014

   
Originaltitel Se sei vivo spara (Italien/Spanien 1967)
Länge 117 Minuten (24p)
Studio filmArt
Regie Giulio Questi
Darsteller Tomás Milian, Ray Lovelock, Piero Lulli, Milo Quesada, Roberto Camardiel, Francisco Sanz, Marilù Tolo, Patrizia Valturri, u.a.
Format 1:2,35 (16:9)
Ton DD 2.0 Deutsch, Italienisch; Mono Englisch
Untertitel Deutsch
Extras Deutsche Kinofassung, Featurette „Ray Lovelock in Conversation“, Bildergalerie, Trailer, 32-seitiges Booklet
Preis ca. 30 EUR
Bewertung sehr gut, technisch sehr gut