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rezensionen

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kurzrezension

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blu-ray

Rasende Träume im Walnusswald

Dirty Mary, Crazy Larry

Dirty Mary, Crazy Larry

Die ersten Bilder in „Dirty Mary, Crazy Lary“ präsentieren Amerika als Land mit viel Raum. Weite Felder, schnurgerade Straßen und der offene Horizont liefern den visuellen Stoff, aus dem sich jeder seinen eigenen Traum zimmern kann. Denn die scheinbare Grenzenlosigkeit bietet Platz für individuelle Vorstellungen.
Der „irre“ Larry (Peter Fonda) will zusammen mit seinem ruhigen Kumpel Deke (Adam Roarke) auf der Gewinnerstraße des Lebens fahren. Er lässt seine noch schlafende Zufallsbekanntschaft Mary (Susan George) im Bett zurück, um sich aus dem Staub zu machen und einen geschickt eingefädelten Supermarktraub zu begehen. Während Deke die Familie des Ladenmanagers George Stanton (Roddy McDowell) als Geiseln nimmt, spaziert Larry seelenruhig in dessen Büro, damit er das Geld aus dem Tresor entgegen nehmen kann. Der Raub läuft relativ reibungslos ab, aber in Larrys Wagen wartet schon die abservierte Mary. Um die Flucht nicht zu gefährden, nimmt er die „kesse“ Frau kurzerhand mit. Nachdem Deke am vereinbarten Treffpunkt zugestiegen ist, versuchen die drei den bereits alarmierten Ordnungshütern zu entkommen. Doch obwohl sie per abgehörtem Polizeifunk gut informiert sind, entwickelt sich die Flucht zu einem schwierigen Unterfangen. Der unkonventionelle Everett Franklin (Vic Morrow) hat nämlich die Witterung aufgenommen und es zu seiner persönlichen Angelegenheit gemacht, die Räuber mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln zu stoppen.

Angesichts der Weite des Landes birgt der Stillstand die Gefahr, inmitten überwältigender, niemals zu erreichender Größe unterzugehen. Der Raum ist da, um ihn zu durchmessen und die menschliche Sehnsucht nach Aufbruch, Fortentwicklung und ständigem Wachstum zu befriedigen. Während der Expansionswunsch im Hongkong-Film zu gewalttätigen Auseinandersetzungen auf stark begrenzter Fläche führt und die Wucht in ortsgebundener Konfrontation landet, ist es in den USA möglich, sich mit hoher Geschwindigkeit ständig fortzubewegen. Das Tempo sorgt bereits für eine gewisse Wucht, die noch einmal mithilfe des Dirty Mary, Crazy Larry Aufpralls gesteigert wird, sobald sich die Wege der Kontrahenten kreuzen. Der besondere Reiz bei „Dirty Mary, Crazy Larry“ besteht in der Verknüpfung beider Komponenten. Während über die Landschaft ständig das Gefühl der grenzenlosen Freiheit transportiert wird, liefern sich die Flüchtigen und die Polizei doch in einer relativ begrenzten Region ihr Katz- und Mausspiel.
Ausgerechnet ein Walnussbaumgebiet, also ein bei aller Größe klar abgestecktes Areal, soll der Schlüssel zur Freiheit sein. Im Straßengewirr wollen Larry, Mary und Deke den Schutz der Bäume nutzen, um über eine der 60 unabhängigen Ausfahrten zu entkommen. Die Kapazitäten der Polizei reichen nicht aus, um sie alle zu überwachen. Der Aufeinanderprall des Freiheitsmythos einer rebellischen, selbstbestimmten Existenz in ständiger Bewegung mit den letztlich nicht zu leugnenden Grenzen ist ein cleverer Schachzug. So wirkt die Flucht von Anfang an wie ein Kampf gegen die Verhältnisse, wie der Versuch den Traum zur Realität zu machen. Aus dieser Spannung entwickelt sich eine Kraft, die noch durch die Figuren gesteigert wird.

Denn die Auseinandersetzungen beschränken sich nicht auf auf den Konflikt mit dem Gesetz und dessen Vertretern, sie herrschen auch innerhalb der Gruppe. Mary und Larry kabbeln sich fast ständig mit rotzigen Sprüchen. Hier geht es auch darum, die Freiheit zu erkämpfen und die kann es kaum für beide gleichzeitig geben, solange sie zusammen sind. Deke wirkt in seiner ruhigen Art souveräner, weil er sich die Freiheit genommen hat, seine Rolle als Helfer auszufüllen. Aber es besteht kaum ein Zweifel daran, dass er sie auch abstreifen könnte, wenn es ihm passt.
Während die Unabhängigkeit auf allen Ebenen als Wunsch und im Landschaftsbild der Weite sogar als kraftvolle Illusion präsent ist, wird mit zunehmender Lauflänge das Korsett immer klarer, das alle handelnden Personen umgibt. Und so ist es nicht verwunderlich, dass die Flucht vor der Enge ein rasendes Tempo annimmt, das in spektakulären, aber erdigen Autostunts kulminiert. Ob bei einem Sprung über eine teilweise hochgezogene Kanalbrücke, bei Unfällen oder knackigen Rasereien auf staubigen Straßen, das Stuntteam gibt hier soviel Gas wie nötig, ohne die Glaubwürdigkeit der Aktionen zu untergraben. Das liegt natürlich auch daran, dass die waghalsigen Aktionen – wie John Hough im Audiokommentar angibt – bei voller Fahrt durchgeführt wurden. Das verleiht dem Film eine Geschwindigkeitspräsenz, die perfekt zu seinem Inhalt passt. Auch deswegen gehört „Dirty Mary, Crazy Larry“ zu den besten Autoverfolgungsjagdfilmen der in dieser Hinsicht glorreichen 1970er Jahre.

Bildqualität

Dirty Mary, Crazy Larry

Der Film sieht auf der Bluray wunderbar aus. Hinsichtlich der Schärfe wurde wirklich alles aus dem Material herausgeholt, sodass man sich an den schön komponierten Bildern erfreuen kann. Die leichte Körnigkeit des Films ist glücklicherweise erhalten geblieben, sonst hätte die Schärfe gelitten. Die Farben sehen wunderbar knackig aus, ohne übertrieben bunt zu wirken. Das entspricht genau dem visuellen Stil des Films. Im Verbund mit einem guten Kontrastumfang liefert die Bluray ein vielschichtiges Bild ohne erwähnenswerte Schwächen.

Tonqualität

Der englische DTS-HD-Master-5.1-Ton ist so ordentlich, wie das angesichts eines im Monoformat entstandenen Films möglich ist, ohne durch übertriebene Nachvertonung den Charakter des Films zu zerstören. Ein bisschen Surroundatmosphäre kommt durch die Musik und das eine oder andere Geräusch auf.
Die DTS-HD-Master-1.0-Tonspuren klingen absolut sauber und verständlich. Verzerrungen lassen sich nicht ausmachen. Und so kann man den Film auf diese Weise in einwandfreier Qualität genießen.

Extras

Im Audiokommentar lässt John Hough (Regie) Teile der Produktionsgeschichte Revue passieren und geht auch ausführlich auf die Stunts ein. Gleichzeitig verbindet er diese Informationen mit seinen Gedanken zur thematischen Ausrichtung des Films. Ein guter Kommentar mit hörenswerten Fakten.
In der etwa 30-minütigen Featurette „Ride the Wild Side“ kommen Peter Fonda (Darsteller), Susan George (Darstellerin) und John Hough zu Wort. Die wenigen Überschneidungen zum Audiokommentar stören nicht, denn Fonda und George erzählen einiges über ihre Zusammenarbeit und die Empfindungen angesichts der schwierig zu filmenden Stunts. So ergänzt die Dokumentation den Kommentar auf sinnvolle Weise.
Trailer, TV- und Radiospots zum Film sind auf der Bluray ebenfalls enthalten.
Im 8-seitigen Artbook sind Reproduktionen der deutschen Aushangfotos und zwei Filmplakate zu „Dirty Mary, Crazy Larry“ abgedruckt.

Fazit

In „Dirty Mary, Crazy Larry“ prallen Freiheitswunsch und Begrenzung auf mehreren Ebenen genussvoll aufeinander. Daraus hat John Hough einen rasanten Actionfilm mit physischer und emotionaler Kraft gemacht. Technisch ist die Bluray sehr gut.

Stefan Dabrock

02.03.2015

   
Originaltitel Dirty Mary, Crazy Larry aka. Kesse Mary - Irrer Larry (USA 1971)
Länge 93 Minuten (24p)
Studio filmArt
Regie John Hough
Darsteller Peter Fonda, Susan George, Adam Roarke, Vic Morrow, Kenneth Tobey, Eugene Daniels, Roddy McDowall, Jody Carlson, George Westcott, Lynn Borden, Adrianne Herman, James W. Gavin, u.a.
Format 1:1,85 (16:9)
Ton DTS-HD-Master-5.1 Englisch, DTS-HD-Master-1.0 Deutsch, Englisch
Untertitel Deutsch
Extras Audiokommentar mit John Hough (Regie), Featurrette „Ride the Wild Side“, TV- und Radio-Spots, Trailer, 8-seitiges Artbook
Preis ca. 23 EUR
Bewertung sehr gut, technisch sehr gut