Feudaler Schwerenöter

Don Giovanni

Auch die DVD-Branche kommt im Mozart-Jahr nicht am 250. Geburtstag des Komponisten vorbei und so veröffentlicht Concorde Joseph Loseys Verfilmung des "Don Giovanni", die 1979 an originalen Schauplätzen in Italien entstanden ist. Für diejenigen, welche mit dem Libretto Lorenzo da Pontes nicht vertraut sind, eine kleine Inhaltsangabe. Don Giovanni, ein feudaler Weiberheld, hat Donna Anna verführt. Sie will unbedingt seine Identität herausfinden, aber Giovanni, der immer auf der Suche nach weiteren Frauenabenteuern ist, kann sich das nicht leisten. Als Donna Anna daraufhin um Hilfe schreit, eilt ihr Vater herbei, der in einem Degenduell mit Don Giovanni unterliegt und stirbt. Natürlich sinnt Donna Anna auf Rache, leider kennt sie die Identität ihres nächtlichen Besuchers nicht. Der macht sich derweil an die nächste Frau heran. Kurz vor einer Hochzeit, gelingt es Don Giovanni fast, die bäuerliche Braut zu verführen. Er wird nur durch Donna Elvira gestört, deren Bett er früher ebenfalls besuchte. Am Rande des Festes, das Don Giovanni für die Bauern gibt, tauchen auch Donna Anna sowie ihr Verlobter Don Ottavio auf. Durch seine Körpersprache und die Sätze, welche er mit gewohnt überheblicher Art zum Besten gibt, verrät Don Giovanni unabsichtlich seine Identität gegenüber Donna Anna. Sie weiß nun, wer ihren Vater tötete und plant fortan ihre Rache.
Viel ist über Mozarts Oper geschrieben worden, die musikalisch über jeden Zweifel erhaben ist. Zumeist wird das Libretto als bösartige Satire auf den aristokratischen Stand interpretiert, dessen Untergang - die Oper entstand nur zwei Jahre vor der französischen Revolution - durch seine Degenerationserscheinungen vorweggenommen wird, für die Don Giovanni steht. Joseph Losey findet an den historischen Schauplätzen Italiens eine Bildsprache, die wie ein gigantisches Requiem auf wuchtige Art vom Ende der feudalen Herrschaft kündet. Giovannis Treiben verbindet sich innerhalb der szenischen Abfolge in keiner Weise organisch mit den historischen Schauplätzen. Die kostümierten Schauspieler wirken vielmehr wie Fremdkörper, da ihre Kleidung neuer aussieht als die Orte an denen sie sich bewegen. Die dadurch entstehende Künstlichkeit fördert den Abgesangcharakter des Librettos. Hinzu kommen exzellent komponierte elegische Einstellungen, in denen man Maskierte auf einem Boot in träger Geschwindigkeit über einen Fluss gleiten sieht, während der Bodennebel um sie herum wabert. Die starre morbide Atmosphäre, welche über die Kostüme gleichzeitig eine süßliche Eleganz ausstrahlt, vermittelt Visionen vom letzten Aufbäumen eines Standes, der gleichzeitig sein Todeslied bereits angestimmt hat. Während die musikalische Leistung der Opernstars ohnehin ausgezeichnet ist, brilliert Ruggero Raimondi auch darstellerisch. Sein Don Giovanni ist ein niederträchtiger Schurke, der stets an sich selbst und niemals an andere denkt. Seine Bösartigkeit erweist sich als satirisches Zerrbild der feudalen Herrschaft, die auf hervorragende Weise den Charakter der Oper übersetzt.

Bildqualität

Die Qualität der DVD überzeugt. Die Vorlage wurde ordentlich aufgeräumt und weist nur noch wenige Bildpunkte oder Verschmutzungen. Die Schärfe ist gut geworden und leistet sich kaum einmal eine Schwäche. Dank einer hervorragenden Kontrastes sowie einer sehr guten Farbwiedergabe entfalten die visuellen Tableaus ihre volle Wirkung. Ein bisschen Hintergrundrauschen ist noch zu sehen, aber das stört nicht.

Tonqualität

Auch der Ton, bei einem Opernfilm sehr wichtig, wurde ausgezeichnet abgemischt. Die musikalischen Qualitäten der Gesangs- und Orchesterleistung entfalten sich mit der vollen Wucht der innewohnenden Dynamik. Hier kann man eine Oper auf einzigartige Weise als audiovisuellen Leckerbissen genießen. Rauschen gibt es nicht. Dass die Untertitel nicht ausblendbar sind, lässt sich bei einer Oper in der italienischen Fassung verschmerzen, könnte aber den einen oder anderen stören.

Extras

Texttafeln informieren über den Regisseur, die Hauptdarsteller sowie den Librettisten Lorenzo da Ponte. Ein interessantes Texttafelinterview mit Regisseur Joseph Losey, indem er sich über die Herausforderungen bei einer Opernverfilmung äußert, ist ebenfalls vorhanden. Der Trailer rundet das Bonusmaterial ab.

Fazit

Joseph Loseys "Don Giovanni"-Verfilmung zählt zu den absoluten Höhepunkten des Opernfilms. Elegisch-schwelgerische Bilder wechseln sich mit burlesker Satire ab und erzeugen in Verbindung mit der exzellenten musikalischen Interpretation einen bizarren Abgesang auf das feudale Herrschaftsmodell. Technisch ist die DVD sehr gut.

Stefan Dabrock

   
Originaltitel Don Giovanni (Frankreich/Italien/GB/BRD 1979)
Länge 169 Minuten (Pal)
Studio Concorde
Regie Joseph Losey
Darsteller Ruggero Raimondi, Kiri Te Kanawa, Edda Moser, u.a.
Format 1:1,66 (16:9)
Ton DD 5.1 Italienisch, DD 2.0 Italienisch
Untertitel Deutsch (fest eingeblendet)
Extras Texttafelinformationen über Regisseur, Hauptdarsteller sowie den Librettisten Lorenzo da Ponte, Trailer
Preis ca. 15 EUR
Bewertung sehr gut