Die Sache mit den Köchen und dem Brei

Ein Haufen verwegener Hunde

Der Krieg ist eine Kulisse für große Dramen. Insofern stört es nicht, dass Enzo G. Castellaris „Ein Haufen verwegener Hunde“ das Wesen des Krieges mit seinen Grausamkeiten, der Logik der Gewalt und den Opfern außen vor lässt, um eine abenteuerliche Geschichte über einen Haufen verwegener Hunde zu erzählen. Dabei handelt es sich um amerikanische Soldaten, die desertiert sind oder aufgrund anderer Vergehen in ein Straflager im deutsch besetzten Frankreich gebracht werden sollen. Unterwegs wird der Transport durch ein deutsches Flugzeug angegriffen. Ein paar der Gefangenen nutzen die Gelegenheit, um zu fliehen. Gemeinsam wollen sie sich zur neutralen Schweiz durchschlagen. Dabei geraten sie mehrfach in Schwierigkeiten, bis ihnen keine Wahl mehr bleibt. In die Enge getrieben müssen sie sich auf ein Himmelfahrtskommando einlassen. Gemeinsam mit dem französischen Widerstand sollen sie einen Zug überfallen, auf dem Sprengköpfe für die V2-Rakete transportiert werden. Die Amerikaner wollen den Zündmechanismus in ihre Hände bringen.

Der Krieg ist eine Kulisse für große Dramen. Insofern stört es nicht, dass ... Es stört aber, dass sich der Film nicht entscheiden kann, was er eigentlich sein will. Während der Anfang ein reines Actionspektakel präsentiert, in dem die geflohenen Soldaten irgendwelche immer wieder auftauchenden Deutschen wie gesichtsloses Geschmeiß mit Sturmgewehren nieder mähen und leer stehende Häuser durchsuchen, entwickelt sich der Film im letzten Drittel zu einem Rip-Off des Robert Aldrich Klassikers „Das dreckige Dutzend“. Dem Umschwung fehlt eine zwingende Verbindung zu den vorherigen Ereignissen, so dass mit dem Auftauchen des französischen Widerstandes ein für sich stehender neuer Film beginnt, der sein volles Potential auch ohne die vielen Filmminuten davor entfaltet. Kein Ereignis und kein Konflikt innerhalb der geflohenen Gefangenen besitzt eine Bedeutung für das Kommandounternehmen. Hier macht sich bemerkbar, dass fünf Drehbuchautoren nacheinander am Script gearbeitet und Änderungen vorgenommen haben. Das Ergebnis ist eine Geschichte, die bis zu einem Punkt voran getrieben wird, durch ein unvorhergesehenes Ereignis ein Ende ohne dramaturgischen Abschluss erleidet, um dann mit demselben Personal in einer neuen Geschichte eine Fortsetzung zu finden. Im Prinzip sterben die Figuren im Verlauf des Films aufgrund der formalen Unzulänglichkeiten des Drehbuchs.

Das letzte Drittel erweist sich als eine Art Wiedergeburt. Der Zug mit den beiden V2-Raketensprengköpfen sorgt vor diesem Hintergrund für eine metaphorischen Überbau, an den kein Mensch bei der Produktion des Films je gedacht hat, weil man vermutlich nur einen spannenden Kriegsactionfilm machen wollte. Das ist aber nicht gelungen, weil der erste Teil auf stumpfe Weise immer wieder gleiche Abläufe aus wüsten Schießereien, Landschaftsmärschen und Häuserinspektionen präsentiert. Ohne absurde Uminterpretationen der Dramaturgie bleibt der Film deswegen nur als schlechtes Handwerk mit einem starken letzten Drittel in Erinnerung. Wer für sich den gesamten Film retten will, muss entweder darüber hinwegsehen können oder geistige Anstrengungen unternehmen.

Bildqualität

Die Bildqualität der DVD ist ausgezeichnet. Dreckspuren oder Bilddefekte sucht man vergeblich. Die Schärfe fällt sehr gut aus und ist in seltenen Fällen nur angenehm. Die Farben sind kräftig, so dass der Film im Glanz des ursprünglichen, visuellen Konzeptes erstrahlen kann. Der Kontrast sorgt für ein plastisches Bild ohne Ausreißer nach oben oder unten. Nennenswerte Rauschmuster gibt es nicht.

Tonqualität

Die drei Tonspuren präsentieren sich auf solidem Niveau. Leichte Verzerrungen in den Höhen gehören ebenso dazu wie ein leichtes Rauschen. Die Verständlichkeit der Dialoge ist aber an keiner Stelle in Gefahr.

Extras

Für das Bonusmaterial hat Koch Media ein Making Of (etwa 46 Minuten) produzieren lassen. Darin kommen unter anderem Laura Toscano (Drehbuch), Massimo Vanni (Darsteller) und der Sohn des Filmmusikkomponisten Francesco de Masi zu Wort. Darin wird die Produktionsgeschichte sowie der Dreh selbst auf interessante Weise beleuchtet. Etwas übertrieben sind aber die ständigen Lobhudeleien über Regisseur Enzo G. Castellari, welche den Eindruck hinterlassen, als sei Castellari der einzige Mensch auf Erden, welcher den Titel Regisseur verdiene. Der Trailer sowie eine Bildergalerie runden das Bonusmaterial ab.

Fazit

„Ein Haufen verwegener Hunde“ richtet seine eigene Geschichte zu Grunde, um dann als bessere Dramaturgie im letzten Drittel eine Wiedergeburt zu feiern. Das Ergebnis ist ein absurdes Werk, das mit der dafür notwendigen Herangehensweise unterhalten kann. Technisch ist die DVD exzellent.

Stefan Dabrock

   
Originaltitel Quel maledetto treno blindato (Italien 1977)
Länge 95 Minuten (Pal)
Studio Koch Media
Regie Enzo G. Castellari
Darsteller Bo Svenson, Fred Williamson, Michael Pergolani, Raimund Harmstorf, u.a.
Format 1:1,85 (16:9)
Ton DD 2.0 Deutsch, Englisch, Italienisch
Untertitel Deutsch
Extras Making Of, u.m.
Preis ca. 18 EUR
Bewertung seltsam, technisch exzellent