Horrorwald

Forest of the Damned

Bevor sich der Text dem Film im Detail widmet, ein kleiner Hinweis: Wer Filme nur unter der Maßgabe bewerten kann, dass sie stets das Rad neu erfinden müssen, der sollte nicht mehr weiter lesen, da "Forest of the Damned" das nicht leisten kann und will. Wer an der Kunstform Film in seinen vielfältigen Varianten interessiert ist und sich dafür begeistern kann, wie unterschiedliche Filmemacher sehr ähnliche Stoffe auf leicht verschobene Weise erzählen, ist eingeladen in den Wald der Verdammten.
Regisseur Johannes Roberts, der auch das Drehbuch geschrieben hat, nimmt die klassische Backwoodsgeschichte und ersetzt die darin beliebten mordenden Hinterwäldler weitgehend durch nackte Frauen. Natürlich handelt es sich nicht einfach um irgendwelche nackten Frauen, die lediglich für den feist grinsenden Mann zu Hause ausgestellt werden, sondern es sind gefallene Engel, die ihre sexuelle Ausstrahlung nutzen, um ihre Opfer zu verführen, bevor sie sie töten. Dabei ist ihre Reichweite auf den titelgebenden Wald begrenzt, in dem sie verdammt worden sind. Eine Gruppe junger Menschen befindet sich in einem klapprigen Bus auf dem Weg nach Merry Oaks. Scheinbar hat jedoch keiner eine Ahnung wo das liegt, so dass die Gruppe durch den Wald der Verdammten fahren muss. Dank eines Autounfalls, bei dem eine Frau angefahren wird, liegen sie fest. Ein Briefkasten deutet an, dass irgendwo ein Haus sein muss. Folglich macht sich ein Teil der Gruppe auf der Suche danach, um Hilfe holen zu können.
Tatsächlich bietet die Geschichte kaum Anlass, vor Erstaunen über das unerwartete Geschehen in die Knie zu gehen. Hinzu kommt, dass man die etwas holprige Exposition hinnehmen muss. In der Erzählung des Films weiß keiner aus der Reisegruppe wo ihr Ziel Merry Oaks ist, es bleibt völlig unklar, wie weit weg es ist, so dass die Gruppe scheinbar eine sehr lange Zeit unterwegs ist - immerhin bleibt man erst in der zweiten Nacht im Wald der Verdammten liegen (es sei denn einzelne Aufnahmen sollen Nacht sein, obwohl sie wie Tag aussehen). Dadurch wirkt der Anfang etwas zu sehr wie das, was er letztlich auch ist, ein Vorwand, um die Gruppe in den Wald zu locken, damit der Film weiter gehen kann. Nach dem Autounfall ändert sich jedoch das Bild. Johannes Roberts findet zum einen nachvollziehbare Gründe dafür, dass sich die Gruppe aufteilt, indem beispielsweise der Unfallfahrer mit einer jungen Frau beim Auto zurückbleibt, weil er durch den Schock paralysiert ist, zum anderen bietet der restliche Film eine gute Spannungsinszenierung. Wenn zwei aus der Gruppe schließlich das Haus im Wald gefunden haben, in dessen schmierig anzusehender Dunkelheit überall das Böse lauern könnte, funktionieren die klassischen Methoden. Ein dunkler, nicht identifizierbarer Schatten läuft blitzartig von rechts nach links durch das Bild, Türen knarren oder andere seltsame Geräusche sind zu hören. Wenn man an dieser Stelle noch irgendwie mit dem Film verbunden ist, steigert sich die Spannung bis zur erwarteten Wendung. Das ist gutes Genre-Kino auf bekannten Pfaden, die über das Motiv der gefallenen Engel eine leichte Verschiebung erfahren. Johannes Roberts inszeniert das Treiben der jenseitigen Kreaturen als brutales Lustmahl. Der innewohnende Splatter bekommt den Charakter einer sinnlichen Orgie, die kurz in das Geschehen einbricht. Nicht umsonst gibt es Sprachen, die den Orgasmus als kleinen Tod bezeichnen. Bei Roberts abgründiger Schöpferkraft ist es ein saftiger Tod, der die sexuelle Lust in eine Art Todeswunschphantasie verwandelt.

Bildqualität

Ob es nun Absicht ist oder nicht, bleibt unklar, aber in der vorliegenden Fassung sieht der Film vor allem in den Tagaufnahmen so aus, als habe man die Filmkopie eines verschollen geglaubten Horrorfilms aus den 70ern gefunden. Der farbliche Ton besitzt einen leichten rot-bräunlichen Stich, der filtererzeugt sein könnte, und das Bild wirkt matschig. Natürlich sind keine Verschmutzungen oder Bilddefekte zu sehen, da es sich um ein neues Werk handelt. Während hier die Schärfe keine optimalen Werte erreicht, gibt es andere Szenen, in denen die Konturen bei Bewegungen stark flimmern, so dass der Eindruck eines überscharfen Bildes entsteht. Der Kontrast besitzt teilweise extreme Werte und in den dunklen Szenen innerhalb des Hauses bleibt vieles im Dunkeln. Letzteres stört jedoch gar nicht, weil dadurch das Spannungspotential gesteigert wird. Andere Bilder wurden mit stylischen Farbfiltern in Szene gesetzt, die auf der DVD ihr volles Potential entfalten können.

Tonqualität

Der englische 2.0-Ton liefert ordentliche Ergebnisse. Die Dialoge sind klar und verständlich, lediglich an manchen Stellen etwas dumpf. Die atmosphärische Musik kann ihr Potential ausspielen. Wer es unbedingt möchte, kann sich auch einen deutschen 5.1-Upmix mit schlechter Synchronisation ansehen.

Extras

Die DVD enthält drei Deleted Scenes. Eine zeigt lediglich einen uninteressanten Dialog in der Küche des Hauses, in dem zwei aus der Gruppe wohnen. Aus dem Dialog soll eine Spannungsszene werden. Das ganz spielt, bevor die Gruppe los gefahren ist. Die zweite Szene zeigt Probeaufnahmen eines Spezialeffektes, bei dem einer der Engel einen Penis abbeißt, sehr merkwürdig. Die dritte Szene zeigt Aufnahmen aus der Eingangssequenz des Films, in der zur Einführung des Waldes ein Pärchen von den Engeln angefallen wird. Diese Szene fiel der Schere zum Opfer, weil sie den Machern zu sehr in Richtung Softporno ging.
Das Making Of (acht Minuten) zeigt im wesentlichen zwei leicht bekleidete Frauen beim Casting für eine Engelrolle. Die Aufnahmen werden von den Machern kommentiert, dabei geht es darum, was ihnen an den Frauen im Hinblick auf die Rolle gefallen hat oder nicht gefallen hat.
Zusätzlich ist ein vermutlich selbst gemachter Trailer zum Film enthalten.

Fazit

"Forest of the Damned" bietet gutes Genre-Kino, das aufgrund einer gelungenen Spannungsinszenierung die holprige Einführung vergessen macht. Sex und Tod gehen eine abgründige Liaison ein, die den Splatter als sinnliche Erfahrung erscheinen lässt.

Stefan Dabrock

   
Originaltitel Forest of the Damned (GB 2005)
Länge 80 Minuten (Pal)
Studio Adrena Film im Vertrieb der mcone
Regie Johannes Roberts
Darsteller Nicole Petty, Shaun Hutson, Tom Savini, u.a.
Format 1:1,66 (16:9)
Ton DD 5.1 Deutsch, DD 2.0 Englisch
Untertitel Deutsch
Extras Deleted Scenes, Making Of, Trailer, u.m.
Preis ca. 18 EUR
Bewertung gut