Das Verbrechen wohnt nebenan

Heißer Verdacht Teil 4 (2DVDs)

Nachdem die Teile Eins bis Drei der Serie jeweils einzelne Fälle auf etwa 200 Minuten erzählt haben, wartet Teil Vier mit drei Geschichte auf, die jeweils etwa 100 Minuten lang sind. In der Folge „Kind vermisst“ („The Lost Child“) ermittelt Detective Superintendent Jane Tennison auf der Suche nach einem verschwundenen Baby gegen einen Pädophilen, der sich als Hauptverdächtiger aufdrängt, aber seine Unschuld beteuert. Die Folge „Seilschaften“ („Inner Circles“) konfrontiert Tennison mit der Leiche eines örtlichen Clubmanagers. Bei den Ermittlungen im gehobenen Milieu sieht sie sich einer sprichwörtlichen Mauer des Schweigens gegenüber, da Skandale ebenso wenig erwünscht sind, wie jeder seine ganz persönlichen Interessen zu haben scheint. Dabei stößt die Polizistin mit zunehmender Dauer des Falls auf kriminelle Verflechtungen, welche den Mord in einem anderen Licht erscheinen lassen. In der Folge „Der Duft des Todes“ („Scent of Darkness“) werden zwei Frauen nach demselben Muster ermordet, das der Serientäter aus „Heißer Verdacht Teil 1“ angewendet hat. Der damals verurteilte Mörder befindet sich jedoch noch im Gefängnis, so dass Tennison von einem Mörder ausgeht, der die Methode nur kopiert. Die Hinweise dafür könnte der Täter dem Buch eines Journalisten entnommen haben, der die These vertritt, dass der im Gefängnis sitzende Mörder in Wirklichkeit unschuldig ist. Das Ermittlungsteam unter Jane Tennison versucht ebenfalls Hinweisen nachzugehen, welche die These bestätigen könnten, während die Polizistin der festen Überzeugung ist, damals den richtigen Täter überführt zu haben. Sie möchte stattdessen die Leute überprüfen, die mit dem Verurteilten in den letzten Jahren Kontakt hatten. Dabei treten die Spannungen innerhalb der Polizei immer stärker zu Tage.

Die Straffung der einzelnen Fälle führt dazu, dass die Figur Jane Tennison stärker auf die beruflichen Belange reduziert wird. Das entspricht aber auch der Lebenssituation, in der sich die Polizistin während der drei Fälle befindet. Das Privatleben liegt wie ein Scherbenhaufen vor Tennison, die sich stärker denn je auf das Dasein der verbissenen Ermittlerin konzentrieren kann. So tritt sie noch einmal kämpferischer als zuvor auf, steht in „Kind vermisst“ aber unter dem starken Einfluss der letzten privaten Ereignisse. Darunter leidet das Urteilsvermögen soweit, dass die Ermittlungen in kritisches Fahrwasser geraten. Während die Folge diesen Zusammenhang auf geschickte Weise nutzt, um das komplexe Zusammenspiel aus Logik und Gefühl zu analysieren, welches das menschliche Denken steuert, wirft sie zeitgleich die Frage an den Zuschauer zurück, inwieweit er selbst den Fallstricken falscher Schlüsse entgehen würde. Neben der Präsentation kriminalistischer Arbeit unter dem Druck der eigenen „Emotionen“ behandelt die Folge auch Fragen der Therapierbarkeit sexueller Straftäter sowie deren Recht auf ein friedliches Leben nach ihrer Entlassung. Dabei kennt das Drehbuch ebensowenig einfache Antworten wie der Zuschauer mit der Komplexität solcher Zusammenhänge selbst umgehen muss. „Seilschaften“ präsentiert demgegenüber eine klassische Milieugeschichte gehobener Schichten, wodurch sich die Folge von den übrigen Fällen unterscheidet, die zumeist soziale Brennpunkte im Auge haben. Der Geschichte wird gut erzählt, indem das Verbrechen hinter der Fassade stets spürbar bleibt. Fast alle Figuren wirken wie Schauspieler, die etwas zu verbergen haben, oder sich mit großer Selbstdarstellung in Szene setzen wollen. Kontinuierlich häutet Jane Tennison die Zwiebel der Täuschugsmanöver, bis sie schließlich am Ziel ankommt. Das ist Dank der guten Darsteller ebenfalls spannend, kann aber nicht an die übrigen Fälle heranreichen, da der Reichtum gesellschaftsrelevanter Fragen sowie sozialer Beobachtungen weniger ausgeprägt ist.

Die dritte Folge „Der Duft des Todes“ nimmt in dieser Hinsicht wieder mehr Fahrt auf, indem sich Jane Tennison starker Widerstände innerhalb des Polizeiapparates ausgesetzt sieht. Dabei treten sowohl politische Mechanismen zu Tage, wenn die Riege der höchsten Polizeibeamten ihre Sitzungen abhalten, wie auch die direkten Eifersüchteleien und Intrigen unter den Kollegen mitschwingen. Bezeichnenderweise muss Tennison soviel Gegenwind aushalten wie seit dem ersten Fall nicht, der im direkten Zusammenhang mit den aktuellen Frauenmorden steht. Insofern nimmt „Der Duft des Todes“ das damalige Thema der Machtmechanismen innerhalb gesellschaftlicher Gruppen auf, um ihm weitere Aspekte hinzuzufügen. Besonders bitter erscheint dabei das Misstrauen, mit dem sich viele Figuren untereinander begegnen, weil sie befürchten, dass ihr Gegenüber bereit ist, eigene Interessen auch gegen sie durchzusetzen. Die Zeit – so die Bestandsaufnahme – hat die Situation keineswegs verbessert. In sozialen Systemen herrscht zwischen den Menschen bestenfalls ein Burgfrieden – ganz selten gibt es auch echte Zusammenarbeit – zumeist aber kann der Egoismus bestenfalls unterdrückt werden.

Bildqualität

Die Bildqualität entspricht Teil Drei der Serie. Bilddefekte oder Verschmutzungen tauchen nicht auf. Das Bild wirkt stets ein wenig matschig. Das heißt sowohl die Konturenschärfe als auch der Detailreichtum fallen bestenfalls mittelmäßig aus. Die Farben sind leicht blass, aber das könnte auch Teil des visuellen Konzeptes sein. Der finsteren Atmosphäre nützt es jedenfalls eher als dass es ihr schadet. Der Schwarzwert ist nicht optimal, so dass sich oftmals eine milchige Darstellung durchsetzt. Hintergrundrauschen sowie stehende Rauschmuster tun das übrige. Der ersten und der dritte Fall liegen im Format 1:1,33 und der zweite Fall im Format 1:1,66 vor. In welchem Format die Filme jeweils gedreht wurden, bleibt unklar.

Tonqualität

Auch die Tonqualität entspricht Teil Drei der Serie. Der Ton kommt ohne Hintergrundrauschen aus, so dass die Dialoge in beiden Sprachfassungen gut verständlich sind. Der englische Ton besitzt dabei die ausgewogenere Kulisse mit mehr Nebengeräuschen, während die deutschen Synchronisation in typischer Manier die Dialoge zu stark in den Vordergrund mischt. Leider fehlen bei der englischen Sprachfassung deutsche Untertitel.

Extras

Bonusmaterial existiert nicht.

Fazit

„Heißer Verdacht Teil 4“ setzt auf straffere Geschichten, in denen die reine Polizeiarbeit im Vordergrund steht. Dabei behandelt die Serie auf hohem Niveau unter anderem gesellschaftliche Fragen wie den Umgang mit Pädophilie, ohne simple Antworten zu präsentieren. Stattdessen belässt die Serie solchen Themen die Komplexität. Technisch ist die DVD mittelmäßig.

Stefan Dabrock

   
Originaltitel Prime Suspect 4 (GB 1995)
Länge 305 Minuten (Pal)
Studio Koch Media
Regie John Madden, Sarah Pia Anderson, Paul Marcus
Darsteller Helen Mirren, Richard Hawley, u.a.
Format 1:1,33 (4:3) und 1:1,66 (16:9)
Ton DD 2.0 Deutsch, Englisch
Untertitel -
Extras -
Preis ca. 19 EUR
Bewertung sehr gut, technisch mittelmäßig