Bambuswald und Liebe

House of Flying Daggers

Zhang Yimou weist im Making Of zu Recht darauf hin, dass der Bambuswald im chinesischen Film eine lange Tradition als Schauplatz spektakulärer Kämpfe hat. "House of Flying Daggers" besitzt eine der besten Bambuswaldszenen überhaupt, die Tony Ching Siu-Ting als Verantwortlicher für die Action-Regie perfekt in Szene gesetzt hat. Die pure Kinetik dieser Szene ist das magische Gegenstück zur intensiven Liebe, die "House of Flying Daggers" in seinem Figurendreieck beschwört. Im Zentrum steht ein Regierungsbeamter, der zum Schein eine inhaftierte Frau befreit, die Mitglied der berüchtigten Rebellenorganisation "Fliegende Messer" sein soll. Er beschützt sie bei ihrer weiteren Flucht, um bis ins Organisationszentrum der Rebellen vorzudringen und dadurch die fliegenden Messer unschädlich zu machen. Gleichzeitig beobachtet ein verbündeter Regierungsbeamter die Flucht von Außen, um als Rückendeckung zu dienen. Der Fluchthelfer verliebt sich während des kurzen Zusammenseins unsterblich in die Rebellin, während sein Verbündeter mit ihr durch eine gemeinsame schicksalhafte Vergangenheit verbunden ist. Davon weiß der Fluchthelfer jedoch nichts. Je näher die drei dem Hauptquartier der fliegenden Messer kommen, desto häufiger werden die bewaffneten Auseinandersetzungen mit kaiserlichen Truppen, die nicht über den Plan informiert sind. Gleichzeitig spitzt sich der emotionale Druck auf die Beteiligten immer weiter zu.
"House of Flying Dagers" ist ein lupenreiner Liebesfilm mit energiegeladenen Kampfszenen. Die politischen Hintergründe sind reines Beiwerk innerhalb der tragischen Emotionen. Zhang Yimou berichtet mit ausladenden Bildern, die sich an Farbenpracht und Stilisierung gegenseitig überbieten, vom Dasein des Menschen, der immer danach strebt, sein emotionales Gegenstück zu finden. Die Liebe der Figuren ist so groß, dass sie die Menschen bis zum äußersten Kampf treibt. Logik und Strategie haben in dieser Welt keinen Platz mehr, die Selbstaufgabe über Selbsterhaltung stellt. Dadurch verweist der Film die politische Auseinandersetzung um die Macht im Staat auf ihren Platz. Sie erscheint lächerlich klein im Angesicht des menschlichen Leidens, das die Liebe heraufbeschwören kann. Die Schönheit der inszenierten Bilder beschwört den Wert der reinen Liebe herauf. Sie sind ihr kongenialer Ausdruck, der sich gleichzeitig in der Energie der atemberaubenden Kampfszenen wieder spiegelt.

Bildqualität

Die Bildqualität der DVD ist wundervoll geworden. Ohne Bildpunkte oder Dreckspuren erstrahlen die Szenen bis in die Details mit ausgezeichneter Schärfe. Die Farbintensität des Films wurde sehr gut auf die DVD übertragen. Fast jeder Schauplatz ist ein neuer Genuss. Auch der Kontrast erweist sich als würdig. Rauschmuster sucht man bei dieser DVD vergeblich.

Tonqualität

Der sehr gute Eindruck der Bildqualität setzt sich auch bei der Tonqualität fort. Die 5.1-Spuren ertönen kristallklar aus den Lautsprechern. Die Dialoge sind sehr gut verständlich, die Musik ist voluminös. In den entscheidenden Szenen kommen auch die Surroundeffekte voll zur Geltung. So sind beispielsweise der Tanz im Pavillon und der Kampf im Bambuswald ein echter Ohrenschmaus. Leider hat die DVD einen riesigen Fehler. Es ist zwar der Originalton enthalten, aber man hat auf Untertitel verzichtet. Das ist ein Rückfall in Zeiten, als das Medium DVD noch neu und die Kunden unbedarft waren. Eine Schande für Constantin/Highlight. Das ist noch unverständlicher, wenn man berücksichtigt, dass "Hero" - der Vorgängerfilm von Zhang Yimou - Untertitel hatte und beide Filme eine ähnliche Käuferschicht ansprechen dürften. An dieser Stelle fordere ich Constantin/Highlight deswegen auf, den Film erneut, und diesmal in einer würdigen Edition herauszubringen.

Extras

Das Bonus-Material ist auf einer Zusatz-DVD enthalten. Herzstück der Extras ist sicherlich das 45minütige Making Of, das aus Interviews, Filmausschnitten und Szenen von der Filmpremiere in Cannes besteht. Da sowohl Regisseur Zhang Yimou, als auch die anderen Beteiligten etwas zu ihrer Sicht auf den Film zu sagen haben, ist es interessant geworden. Darüber hinaus erfährt man Details zum Entstehungsprozess der Bambuswaldszene und anderen Teilen des Films. Auch besitzt das Making Of einen schönen Oberkommentar, der bisweilen etwas blumig geraten ist und so das chinesische Naturell in angenehmer Weise wieder spiegelt.
Sehr schön ist auch der etwa 19minütige Storyboad-Film-Vergleich, der sich unter anderem ebenfalls mit der Bambuswaldszene und dem Tanz im Pavillon beschäftigt. Vor dem Hintergrund der spektakulären Szenen ist das ein faszinierendes Feature.
Die Interviews (ca. 6 Minuten) sind demgegenüber überflüssig, weil sie fast nur aus dem bestehen, was bereits im Making Of vorkam. Hier wird unnötigerweise mehr Bonus-Material vorgegaukelt, als tatsächlich vorhanden ist. Das sollte bei einer würdigen Edition unterlassen werden.
Hinter dem 6minütigen Beitrag "Die Dreharbeiten" verbirgt sich eine unkommentierte B-Roll.
Abgerundet wird die DVD durch vier Bildergalerien (Filmfotos, Kostümentwürfe, Setdesign und Filmrequisiten), ein Musikvideo, 9 TV-Spots, zwei englischsprachige Trailer und Texttafelinformationen.

Fazit

Zhang Yimous emotionale Tour de Force im Gewand des Kung-Fu-Films gehört zum besten, was in Sachen Liebesfilm in den letzten Jahren gedreht wurde. Grundsätzlich ist die DVD technisch ausgezeichnet. Leider wurde auf deutsche Untertitel beim Originalton verzichtet, was die DVD zur Lächerlichkeit verkommen lässt.

Stefan Dabrock

   
Originaltitel Shi mian mai fu (China/Hongkong 2004)
Länge 98 Minuten (Pal)
Studio Constantin im Vertrieb der Highlight
Regie Zhang Yimou
Darsteller Andy Lau, Takeshi Kaneshiro, Zhang Ziyi, u.a.
Format 1:2,35 (16:9)
Ton DTS Deutsch, DD 5.1 Deutsch, Mandarin
Untertitel -
Extras Making Of, Storyboard-Film-Vergleich, Interviews, Musikvideo, u.m.
Preis ca. 25 EUR
Bewertung Film sehr gut; technisch sehr gut, jedoch mangelhaft wegen fehlender deutscher Untertitel