Dorfgemeinschaft

The Intruder – Der Eindringling

Der Fall des Kinderschänders Dutroux hat tiefe Spuren in Belgien hinterlassen, die sich auch im filmischen Schaffen belgischer Regisseure wiederfinden lassen. Ein Arzt vermisst seine Tochter, die vor ein paar Monaten verschwunden ist. Eines Abends trifft der Arzt bei seinen Nachforschungen auf eine Ausreißerin, die seine Tochter gesehen haben will. Die Besessenheit, mit der er gegenüber der Ausreißerin auftritt, führt schließlich dazu, dass die Polizei eingeschaltet wird und der Arzt ins Zwielicht gerät. Dadurch gelangt das junge Mädchen wieder zu seinen Eltern, die in den Ardennen wohnen, der Arzt muss keine weiteren Repressalien fürchten. Da er nun glaubt, eine heiße Spur zum Verbleib seiner Tochter gefunden zu haben, macht er sich auf den Weg in die Ardennen, um im Umfeld der Ausreißerin sowie ihrer Familie Nachforschungen anzustellen.

„The Intruder“ beweist, dass sich belgische Ardennen-Dörfer perfekt eignen, um eine abgeschlossene Fremden gegenüber abweisende Atmosphäre aufzubauen. Dunkle Fassaden, leere Strassen und Menschen, die nicht besonders auskunftsfreudig sind, deuten an, dass hier mehr im Untergrund schlummert. Nur mit Mühe gelingt es dem Arzt, erste Informationen zu beschaffen, die auf ein komplexes System der Verstrickungen hindeuten. Hier gibt es keine einfachen Hintergründe. Schuldkomplexe und Obsessionen sowie der Wille, die Dinge in der Dorfgemeinschaft zu lassen, die alles regelt, sorgen für einen stetigen Spannungsaufbau. Das System wird durch den Eindringling nachhaltig gestört, so dass alles in Bewegung gerät. Ein erstarrtes System der Ruhe bricht auseinander. Dadurch wird Energie frei, die sich in Akten der Gewalt entlädt. Der Arzt sieht sich einer zunehmenden Bedrohungslage ausgesetzt. Das spiegelt sich auch auf der visuellen Ebene wieder. Blasse Farben sowie eine raue, ungeschliffene Atmosphäre betonen das abweisende Element der Ardennen. Es sind nicht nur die schweigenden Menschen, die eine Mauer aufbauen, auch die ganze architektonische Anlage sowie die Baumaterialien der Häuser erschaffen eine unsichtbare Grenze, die bedrohlich wirkt. Alles scheint in diesem Sinne durchtränkt zu sein, so dass die Gefahr für den Arzt stets präsent ist. Das macht aus „The Intruder“ einen ausgesprochen effektiven Thriller.

Bildqualität

Verschmutzungs- und bilddefektfrei präsentiert sich „The Intruder“ mit guter Schärfe auf der DVD. Nur hier und da sind die Konturen etwas weich gezeichnet. Die Farben geben die reduzierte, erdige Palette des visuellen Konzeptes sehr gut wieder. Der Kontrast sorgt für ein plastisches Bild, der Schwarzwert ist tief und verschluckt keine Details. Das leichte Hintergrundrauschen stört gar nicht.

Tonqualität

Die 5.1-Spuren liefern eine räumliche Atmosphäre im Rahmen der Möglichkeiten des ruhigen Thrillers, so dass im Wesentlichen die Musik für Klänge aus den hinteren Boxen verantwortlich ist. Die Dialoge sind klar und verständlich. Der Originalton fällt leicht dumpfer aus, wirkt aber natürlicher in das Geschehen integriert. Die 2.0-Spuren unterscheiden sich aufgrund der geringen räumlichen Kulisse der 5.1-Spuren nur kaum vom Surroundklang. Die deutschen Untertitel sind bei der flämisch-französischen Sprachfassung unzeitgemäßerweise nicht ausblendbar.

Extras

Das Bonusmaterial erschöpft sich in einer Bildergalerie, einer Texttafelbiographie zu Koen De Bouw und dem Trailer.

Fazit

„The Intruder“ reflektiert den Dutroux-Schock, indem er seinen Protagonisten in eine metaphorisch zu verstehende abgeschlossene Gemeinschaft schickt, deren dunkle Geheimnisse Aspekte der Verstörung offenbaren. Technisch ist die DVD ordentlich.

Stefan Dabrock

   
Originaltitel De Indringer (Belgien 2005)
Länge 114 Minuten (Pal)
Studio epiX
Regie Frank van Mechelen
Darsteller Koen De Bouw, Els Dottermans, Maaike Neuville, u.a.
Format 1:2,35 (16:9)
Ton DD 5.1 Flämisch-Französisch, Deutsch; DD 2.0 Flämisch-Französisch, Deutsch
Untertitel Deutsch, Französisch
Extras Bildergalerie, Filmographie, Trailer, u.m.
Preis ca. 16 EUR
Bewertung gut, technisch ordentlich