Im Bett mit Insekten

Sick Girl

special: masters of horror - alle folgen

Lucky McKees "May" (2002) ist ein spannender Horrorthriller mit satirischen Elementen, der darüber die emotionale Verfassung der Hauptfigur in ihrer sozialen Isolation nicht vergisst. Diesen Stil hat McKee auch in seinen Beitrag zur Masters-of-Horror-Serie übertragen. Eine lesbische Biologin hat Schwierigkeiten, eine Partnerin zu finden, weil ihre ganze Wohnung mit seltsamen Insekten in den verschiedensten Terrarien bevölkert ist. Die meisten Frauen suchen angesichts der Insektenflut schnell das Weite. Ein Berufskollege drückt es so aus: "Babes or bugs. You cant't have both" (Babes oder Käfer. Du kannst nicht beides haben). Als die Biologin wieder einmal ein Date mit nach Hause nimmt, hat sie vorgesorgt und sinniger Weise alle Insekten ins Schlafzimmer verbannt. Glücklicherweise stellt sich heraus, dass die neue Freundin mit den Wohnungsgenossen gut zu Recht kommt. Während des Liebesspiels auf einer Couch wird sie jedoch von einem Insekt gebissen, das der Biologin vor ein paar Tagen anonym aus Brasilien zugeschickt worden war. Von nun an verändert sich die gebissen Frau auf seltsame Weise.
Auch Lucky McKee hat Schwierigkeiten, eine angemessene Dramaturgie für das 60Minuten-Format zu finden. Die Exposition ist letztlich erst nach etwa 30 Minuten abgeschlossen, genau richtig für einen 90 Minuten langen Film, viel zu langsam aber für das vorliegende Format. Dadurch kann McKee seine Geschichte nicht mehr auf einen starken Höhepunkt zutreiben, es reicht nur noch zu einem sehr schnellen, hektisch wirkenden Finale, das sich mit einer einzigen Horroraktion begnügen muss. Natürlich leidet McKee dabei auch unter dem Drehbuch, aber ohne Schuld ist er auch nicht, wenn man bedenkt, dass er auch dieses Finale etwas intensiver hätte inszenieren können. Dazu wären aber eine schnelle Exposition und ein paar eigene Ideen notwendig gewesen. Unabhängig davon erweist sich die Folge über weite Strecken als unterhaltsam. Mit satirischem Einschlag rückt McKee die Unsicherheit der beiden Frauen ins Zentrum. Vorsichtig nähern sie sich an, während die Insekten immer als großes Hindernis für eine Beziehung im Hintergrund stehen. Die Vermieterin, eine besonders penible Frau mit einem Enkelkind, das ständig in einem Käferkostüm herumläuft, ist Zielscheibe des Spotts. Ihre konservative Art erscheint unsympathisch, da der Film konsequent die Position der Biologin einnimmt. So erscheint auch für den Zuschauer die Vermieterin als unangenehmer Eindringling, während die Insekten friedlich in ihren Terrarien herum sitzen. Das ist alles ganz lustig, teilweise hat man sogar den Eindruck McKee wolle ein schräg-romantisches Märchen erzählen, aber letztlich fehlt dem Film ein erzählerisches Zentrum. Das Ende löst weder Handlungsfäden auf, noch stellt es sie in Frage. Es ist einfach da, ohne dass es sich einem vorher entwickelten erzählerischen Kern widmen würde. Auch die Beziehung zwischen den beiden Frauen kommt dafür nicht in Frage, da das Ende keinerlei vorangegangenen Konflikt auflöst oder einen neuen schafft. Es ist dadurch ohne dramaturgischen Sinn und könnte genauso gut fehlen. Wenn man es positiv sehen will, trägt die Folge dadaistische Züge.

Bildqualität

Die Bildqualität siedelt sich in "Deer Woman"-Regionen an. Bildpunkte oder Verschmutzungen gibt es selbstverständlich nicht zu beklagen. Die Schärfe ist sehr gut, das Bild wirkt detailreich. Die Farbwiedergabe ist sehr gelungen, gleiches gilt für den tiefen Schwarzwert, so dass sich die einzelnen Szenen gut entfalten können. Rauschmuster halten sich in engen Grenzen.

Tonqualität

Der Ton entfaltet seine dynamischen Qualitäten vor allem auf den vorderen Lautsprechern. Die Dialoge werden rauschfrei und verständlich wiedergegeben. Eine echte räumliche 5.1-Kulisse entwickelt sich kaum. Insgesamt kann man aufgrund der guten restlichen Abmischung aber sehr zufrieden sein.

Extras

Das rund 70minütige Bonusmaterial besteht aus einem rund 4minütigem Behind the scenes Beitrag mit dem Titel "Die Spinne in der Maske". Hier läuft eine Tarantel den Arm von Angela Bettis rauf und runter, während über die Spinne gesprochen wird.
Daneben enthält die DVD Interviews mit Lucky McKee (Regie), den Darstellern und Darstellerinnen Chandra Berg, Mike McKee, Jesse Hlubik, Angela Bettis und Misty Mundae sowie dem Insektenbändiger Brad McDonald.
Am interessantesten ist das fast 20minütige Interview mit Regisseur Lucky McKee, der sich als ausgezeichneter Erzähler erweist und erläutert, was ihm am Drehbuch gefallen hat, wie er die Geschichte interpretierte und das eine oder andere zu den Darstellern sowie den vielen Insekten berichten kann. Auch auf dümmsten Fragen seitens der immer noch miesen Interviewer reagiert McKee souverän. So begeisterte sich McKee gerade über seine Darsteller, die teilweise bei allen seinen bisherigen Projekten dabei waren, erläuterte ihre Qualitäten und wie er diese für seinen Erzählstil nutzt, um sich dann der Frage gegenüber zu sehen, wie er es fand, dass er beim Casting freie Hand hatte. Eine Schrecksekunde lang guckt McKee etwas verdutzt, da er diese Frage quasi schon vorauseilend beantwortet hatte, und leiert sich noch ein paar Sätze aus dem Kreuz, die er immer noch mit großer Begeisterung vorträgt. Bei einem Menschen wie Lucky McKee ist es einfach für jeden untalentierten Menschen möglich, ein gutes Interview zu bekommen.
Im Gespräch mit dem Insektenbändiger Brad McDonald erfährt man einiges über seine Arbeit am Set und über die vielen Tierchen, welche im Film vorkommen. Lohnenswert.
Die Darsteller- und Darstellerinneninterviews sind angesichts der Qualität der Fragen sehr durchwachsen. Meistens gleiten sie in Inhaltsangaben ab, nur selten gehen sie darüber hinaus. Dank zweier guter Interviews ist das Bonusmaterial diesmal stärker, als bei den vergangenen Folgen. Audiokommentare sind im übrigen bei dieser DVD auch für die amerikanische Veröffentlichung nicht angekündigt.
Eine Texttafelbiographie zu Regisseur Lucky McKee und Trailer zu den nächsten Masters-of-Horror-Folgen runden das Bonusmaterial ab.

Fazit

"Sick Girl" erweist sich bei näherem Hinsehen als durchaus interessant, aber der 60minütigen Dramaturgie nicht gewachsen. Das Ende kommt nicht nur abrupt, sondern auch ohne wirklichen Zusammenhang zu vorangegangenen Konfliktlinien, so dass die Folge eine dadaistische Note erhält. Technisch ist die DVD gut. Das Bonusmaterial ist dank eines bestens aufgelegten Lucky McKee besser als bei den zuletzt veröffentlichten Teilen.

Stefan Dabrock

   
Originaltitel Sick Girl (USA 2005)
Länge 56 Minuten (Pal)
Studio Splendid
Regie Lucky McKee
Darsteller Angela Battis, Erin Brown, Jesse Hubik, u.a.
Format 1:1,78 (16:9)
Ton DD 5.1 Deutsch, Englisch
Untertitel -
Extras Interviews, Behind the scenes, Texttafelbiographie, Trailer
Preis ca. 14 EUR
Bewertung interessant, technisch sehr gut