Hoopers Leiche im Keller

Mortuary

"Mortuary" ist wahrlich nicht die erste filmische Leiche, die Tobe Hooper im Keller hat. "Eaten Alive" besticht durch eine lächerliche Dramaturgie, die ständig grundlos neue Menschen zu einem heruntergekommenen Motel in die amerikanischen Ödnis schickt, in dessen Nähe man sich selbst mit einer ausgezeichneten Landkarte nicht verirren würde; "Texas Chainsaw Massacre 2" ist zwar ganz amüsant, aber ein grotesker Comic-Film, der sich in peinlicher Weise des Namens des ersten Teils bedient; "Body Bags" ist vollständig langweilig, so dass auch Hoopers Episode keine Qualitäten besitzt; "Crocodile" kann man bestenfalls zu Gute halten, dass er kein Budget hatte, die absurde Dramaturgie, welche irgendwelche Menschen hektisch zeternd um einen See jagt, damit sie durch ein Riesenkrokodil gefressen werden, ist unentschuldbar; und "Toolbox Murders" reiht beliebig brutale Mordszenen aneinander, die nicht nur in platter Weise sadistisch sind, sondern auch jegliches Gespür für einen zusammenhängenden erzählerischen Atem vermissen lassen.
"Mortuary" führt diese traurige Liste des Unvermögens weiter. Es beginnt mit einer Kleinfamilie bestehend aus der Mutter, einem Sohn im Teenageralter und einer kleinen Tochter. Gemeinsam kommen sie mit dem Auto in einem abgelegenen Kaff an, weil die Mutter die dortige Leichenhalle übernehmen wird. Ein städtischer Offizieller, der sie willkommen heißt, benimmt sich nicht nur wie ein Freak, sein Faible für die Unglücksfälle auf dem nahen Highway und das damit verbundene Geschäft für die neue Betreiberin der Leichenhalle wirkt zusätzlich befremdlich. Schnell übernimmt der Sohn einen Job als Aushilfe im örtlichen Diner, wo er die attraktive Nichte der Besitzerin mit ihrem schwulen Freund kennen lernt. Die Nichte weiß nicht nur eine gruselige Geschichte über die Fowlers zu erzählen, welche früher die Leichenhalle besessen haben, sie würde auch gern mal eine Leiche sehen. Das Vergnügen ist ein wenig getrübt, als sie feststellt, dass ihr Klavierlehrer auf dem Tisch liegt. Aber das Leben im kleinen Örtchen hält weitere unangenehme Episoden parat, denn irgendetwas stimmt mit der Leichhalle und dem dazugehörigen Friedhof nicht. Ein seltsamer tentakelartiger Schimmel kommt des öfteren aus dem Abfluss der Leichenhalle gekrochen, sobald er Blut wittert, irgendwer schleicht nachts zwischen den Gräbern herum und warum kotzen die asozialen Kids der Gegend anderen Mitmenschen plötzlich schwarzen Schleim in den Mund?
Jenseits der lächerlichen Geschichte, deren Grundidee trotz der kruden Mischung hinnehmbar wäre, muss man "Mortuary" vor allem eines vorwerfen: der Film besitzt keine Spannungsszene. Das liegt daran, dass Hooper nicht verstanden hat, wie das Genre funktioniert. Den gruseligen Kern, der in einer Gruft auf dem Friedhof vor der Leichenhalle liegt, lässt er nicht über die vergleichsweise sympathischen Hauptfiguren erkunden, sondern er schickt die asozialen Kids hinunter. Dabei kommt keine Spannung auf, sondern Langeweile, da sich Hooper in dieser Szene an die Regeln hält. Es passiert nichts, die Kameraarbeit soll lediglich Spannung erzeugen. Das funktioniert jedoch nicht, da man als Zuschauer um die gerade zu sehenden Charaktere nicht bangt, sondern ihnen eher eine kleine Abreibung gönnt.
Hooper ist nicht in der Lage, die gesellschaftlichen Verhältnisse in dem kleinen Kaff zu charakterisieren. Beispielsweise würdigt der Sheriff den städtischen Offiziellen gegenüber der neuen Besitzerin der Leichenhalle herab. Die Gründe dafür bleiben unklar, die örtlichen Machtverhältnisse bekommen jedoch gleich einen mysteriösen Überbau verliehen. Dadurch baut Hooper ein sinnloses Bedrohungspotential auf, das Unklarheit schafft und innerhalb des Films keine weitere Rolle spielt. Hier verschenkt Hooper wichtige Minuten, in denen er dem Zuschauer verdeutlichen könnte, in was für einer Gegend die Geschichte spielt. Die einzelnen Figuren müssten soweit vorgestellt werden, dass sie innerhalb des Horrorreigens eine Funktion übernehmen könnten. Innerhalb Hoopers Universum sind sie lediglich lebendige Kleiderständer, die nicht einmal als Klischeebilder inszeniert werden. Das zerstört jeglichen Zusammenhalt der Ereignisse, die nur noch als absurde Abfolge einzelner Szenen lesbar sind.
Zum Schluss noch der Hinweis, dass "Mortuary" auch nicht als Komödie inszeniert worden ist oder so gemeint war. Das Werbematerial kündigt ihn als "new chapter in fear" an. "Mortuary" sollte ein richtiger Horrorfilm werden und ist der jämmerliche Auswurf eines talentfreien Regisseurs geworden.

Bildqualität

Das Bild weist selbstverständlich keine Verschmutzungen oder Defekte auf, da der Film aktuellen Datums ist. Die Schärfe ist in Ordnung, gleitet bisweilen jedoch ins matschige ab, da die Konturenschärfe Schwächen aufweist. Der Kontrast lässt teilweise Details in dunklen Szenen verschwinden. Demgegenüber können die kräftigen Farben überzeugen. Das leichte Hintergrundrauschen stört kaum.

Tonqualität

Der 5.1-Ton schöpft die räumlichen Möglichkeiten nicht im vollen Umfang aus. Zumeist tummelt sich das akustische Geschehen in den vorderen Boxen, wo auch die ganze Bandbreite genutzt wird. Das ist gerade bei einem Horrorfilm ein großer Nachteil, käme es aus atmosphärischen Gründen doch darauf an, einen guten Mix zu präsentieren, der seine Schockgeräusche auf alle Boxen verteilt. Lediglich die Musik vermag hier mehr zu bieten. Die Dialoge sind gut verständlich.

Extras

Herzstück des Bonusmaterials ist die 54minütige Dokumentation "Behind the Scenes". Sie widmet sich dem Projekt in sieben thematischen Kapiteln, die Aufnahmen vom Dreh präsentieren. Dabei kommen die Schauspieler, der Produzent, der Regisseur oder andere am Film Beteiligte zu Wort. Sie ist wesentlich interessanter, als der Hauptfilm selbst, weil das reichhaltige B-Roll-Material einen guten Einblick in die Arbeitsweise am Set gibt. Tobe Hooper tapst wie ein gemütlicher alter Herr durch die Szenerie und vermittelt den Eindruck, als wisse er, was er mit dem Film vorhabe. Das ist vor allem angesichts des Ergebnisses erstaunlich. Dabei wirkt Hooper äußerst sympathisch. Die eingeschnittenen Interviewsequenzen bieten zusätzlich interessante Aspekte über das Projekt, wenn man die Äußerungen der Darsteller außen vor lässt, da die lediglich Inhaltliches zum Besten geben.
Daneben enthält die DVD Bio- und Filmographien, eine Bildergalerie, den Trailer sowie die etwas überflüssige Kurz- sowie Langfassung einer Promo-Rolle.
Im DVD-Rom-Part befinden sich so lustige Sachen wie ein Bildschirmschoner, eine Bildergalerie oder ein Link zu einem Zombie-Game.

Fazit

"Mortuary" erweist sich als filmische Katastrophe, die keinerlei Gespür für das Geschichten erzählen besitzt. Das Werk besitzt weder einen einheitlichen atmosphärischen Ton, noch werden die Charaktere oder ihre Lebensumgebung vorgestellt. Während sich Hooper um eine Spannungsinszenierung bemüht, bleibt das Geschehen ständig auf lächerlichem Niveau stehen. Der dadurch entstehende Kontrast erweist sich als Offenbarungseid eines talentlosen Regisseurs. Technisch ist die DVD in Ordnung.

Stefan Dabrock

   
Originaltitel Mortuary (USA 2005)
Länge 90 Minuten
Studio Koch Media
Regie Tobe Hooper
Darsteller Dan Byrd, Alexandra Adi, Courtney Peldon, u.a.
Format 1:1,85 (16:9)
Ton DTS Deutsch; DD 5.1 Deutsch, Englisch; DD 2.0 Deutsch, Englisch
Untertitel Deutsch
Extras Behind the Scenes, Trailer, u.m.
Preis ca. 17 EUR
Bewertung Film schlecht, technisch in Ordnung