Bavas Märchenland

Prinzessin Fantaghirò - Teil 1 und 2

Lamberto Bava ist der Sohn des legendären italienischen Regisseurs Mario Bava. Am Anfang seiner Regiekarriere drehte der kleine Lamberto auch faszinierende Horrorfilme wie beispielsweise die beiden "Demoni"-Filme. Leider ging die italienische Filmindustrie im Laufe der 80er Jahre immer weiter den Bach runter, so dass Lamberto Bava schließlich für das Fernsehen arbeiten musste. Soweit ist das noch nicht schlimm, denn auch im Fernsehen lassen sich gute Projekte realisieren. Es ist auch nicht schlimm, dass Lamberto Bava sich auf die Verfilmung einer italienischen Märchenvorlage einließ und somit einen Stoff realisierte, der stärker auf ein Kinderpublikum zugeschnitten ist, denn so etwas kann schließlich ganz zauberhaft werden. Schlimm ist, dass "Prinzessin Fantaghirò" bereits im ersten Teil so erbärmlich produziert wurde, dass weder eine zauberhafte Märchenatmosphäre noch eine anständige Geschichte dabei herausgekommen ist. Bevor ich darauf näher eingehe, kurz zum Inhalt, wie ihn Koch Media auf die Rückseite seiner DVD-Hülle gedruckt hat:
"Statt des lange erwarteten Sohnes wird dem alten König ein weiteres Mädchen geboren - Prinzessin Fantaghiro. Nach einer schweren Kindheit, weggesperrt von der Außenwelt und ganz auf sich allein gestellt,…" Hier muss ich dann doch leider kurz eingreifen, denn so ganz stimmt das nicht. Also die Prinzessin Fantaghirò ist bereits als kleines Mädchen äußerst aufmüpfig und weil sich ihr Vater, der oben erwähnte König, der lieber einen Jungen..., jedenfalls ihr Vater weiß sich nicht anders zu helfen, als die kleine Fantaghirò zur Strafe immer wieder in einen Brunnen herabzulassen. Jetzt gibt es eine Szene, wo das junge Mädchen herabgelassen und nach einem Schnitt eine junge Frau wieder heraufgezogen wird. Vermutlich rührt der Fehler in der Inhaltsangabe auf dem Missverständnis, dass die kleine Fantaghirò jetzt so lange im Brunnen eingesperrt war, bis aus ihr eine junge Frau geworden ist. Ich aber denke, dass es sich nur um einen eleganten Zeitsprung handelt, der verdeutlichen soll, dass Fantaghirò während des Aufwachsens ihren rebellischen Geist stets aufs Neue zur Provokation eingesetzt hat und deswegen immer wieder eingesperrt wurde. Unwahrscheinlich, dass hier die Geschichte eines weiblichen Kaspar Hauser erzählt werden soll, wie es der Klappentext andeutet. Aber nun weiter im Inhalt:
"Nach einer schweren Kindheit, …, erlernt die tapfere Prinzessin alles, was ein Ritter braucht. Doch sind es ihre Augen, in die sich Prinz Romualdo unsterblich verliebt. Er ist der Gegner des alten Königs. Und bald sollen die beiden wieder aufeinander treffen."
Den Rest lasse ich einfach weg, weil er zum einen an dieser Stelle nicht wichtig ist und zum anderen wieder nur so halb stimmt. Auch haben sich der alte König und Prinz Romualdo noch nie gegenüber gestanden, denn das wurde erst möglich durch den Tod von Romualdos Vater, der bis dahin die feindliche Armee anführte.
Soweit der Inhalt. Als märchenhafte Geschichte ist das auch gar nicht übel. Das ganze Projekt krankt an der Umsetzung. Da wären die Darsteller. Mario Adorf als alter König, der gerne einen Sohn gehabt hätte, chargiert auf unerträgliche Weise herum. Wirklich jede Szene, in der sich die Figur über irgendetwas ärgert, sieht aus, als wollte Adorf die mechanische Deutlichkeit des Kasperletheaters imitieren. Die anderen Darsteller benehmen sich zum Verdruss des Zuschauers leider ähnlich. Auch Kinder haben ein Recht darauf, dass man sie ernst nimmt und nicht alles zur albernen Schau verkommen lässt.
Zusätzlich sind die Effekte unangenehm billig. Ein sprechender Fisch sieht so künstlich aus wie eine Plastikente für die Badewanne, eine sprechende Gans stimmt in ihren Proportionen bei Nahaufnahmen in keiner Weise mit ihrer Größe in den übrigen Szenen überein, weil hier auf eine schäbig aussehende Handpuppe zurück gegriffen wurde.
Den Vogel aber schießen die Dialoge ab. Prinzessin Fantaghirò trifft auf ihrer abenteuerlichen Reise auch die Weiße Hexe, eine Mischung aus Orakel und guter Fee. In einem Moment, als Fantaghirò große Traurigkeit empfindet, bemerkt die Weiße Hexe: "Du bist nicht allein, du hast ja dich". Eine höchst erstaunliche Schlussfolgerung, die auch nur von einem schizophrenen Geist stammen kann. Dazu muss man wissen, dass die Weiße Hexe bei Gelegenheit auch schon mal der Weiße Ritter ist. An einer anderen Stelle erklärt Fantaghiròs Schwester Caterina der dritten Königstochter Carolina vor einer Art Blind Date mit Prinzen aus dem Morgenland: "Die Hoffnung ist ein sicherer Weg zu unangenehmen Überraschungen". Nicht schlecht für eine Königstochter, die der Erzählung gemäß eine Erziehung zur Dummheit genossen hat. Aber warum findet der Drehbuchautor oder der Regisseur nicht einfach ein Bild, um das darzustellen? Warum muss es auch noch hinausgebrüllt werden?

Bildqualität

Die Bildqualität der DVD ist in Ordnung, wenn auch nicht überragend. Bei einer Fernsehserie aus den 90er Jahren hätte man etwas weniger Bildpunkte erwartet, als hier zu sehen sind. Nicht dass das Bild völlig verregnet wäre, aber es ist etwas mehr, als erwartet. Die Schärfe ist in Ordnung und schwankt zwischen angenehm und gut. Die Farbwiedergabe trifft den anvisierten märchenhaften Ton und vermittelt die richtige Stimmung. Der Kontrast ist gut.

Tonqualität

Die deutsche Tonspur - eine andere ist leider auch nicht enthalten, weil man vermutlich denkt, dass ein Kinderpublikum keine andere benötigt - liefert solide Fernsehkost. Die Dialoge sind klar und verständlich. Ein Rauschen ist nicht zu hören. Ach die Musikwiedergabe ist gelungen.

Extras

Es ist kein Bonusmaterial vorhanden.

Fazit

Lamberto Bava hat eine an sich brauchbar erscheinende Märchenvorlage auf höchst mickrigem Niveau umgesetzt. Wer die Serie aus der alten SAT 1-Ausstrahlung kennt und schätzt, kann getrost zugreifen, da die DVD in Ordnung ist.

 

"Prinzessin Fantaghirò 3 und 4" sind zeitgleich auf einer DVD bei Koch Media erschienen. Im Unterschied zu den ersten beiden Teilen wurde hier im Format 1:1,33 gedreht.

Inhalt wie auf der DVD-Hüllenrückseite abgedruckt:

"Kurz vor der Hochzeit vom Romualdo und Fantaghirò schleicht sich wieder das Böse in das glückliche Königreich. Nachdem Fantaghirò geschworen hat, nie wieder eine Waffe zu führen, erfährt sie, dass ihr Vater von der Schwarzen Königin entführt wurde. Sie macht sich auf den Weg, ihn zu retten und muss die schwierigsten Abenteuer überstehen, bis sie ihre Gegnerin stellen kann. Doch dabei geschieht etwas Unheimliches mit Romualdo…"

Stefan Dabrock

   
Originaltitel Fantaghirò I (Italien 1991)
Länge 180 Minuten (Pal)
Studio Koch Media
Regie Lamberto Bava
Darsteller Alessandra Martines, Mario Adorf, Kim Rossi Stuart, Angela Molina, u.a.
Format 1:1,78 (16:9)
Ton DD 2.0 Deutsch
Untertitel -
Extras -
Preis ca. 13 EUR
Bewertung schwach, technisch in Ordnung