Schicksale im Raum

The Tesseract

Da es mir aus zeitlichen Gründen nicht möglich ist, eine exakte Definition der Begriffe Hypercube und Tesseract vorzunehmen, beschränke ich mich auf eine Analyse der Übertragungsleistung der zugrunde liegenden mathematischen Modelle auf menschliche Schicksale, wie sie Oxide Pangs Adaption des Alex-Garland-Romans „The Tesseract“ aka „Manila“ vornimmt. Diejenigen, denen der vorangegangene Satz zu lang oder kryptisch ist, mögen sich bei den beiden Herren für den merkwürdigen Ansatz beschweren. Im Ergebnis bedeutet es nichts anderes, als dass menschliche Schicksale, die in unendlich vielen Räumen zu Hause sind, durch den Zerfall eines Hypercubes (vierdimensional) in einen Tesseract - laut Eingangsdefinition des Films eine Art dreidimensionale Darstellung eine Hypercubes, ähnlich der zweidimensionalen Darstellung eines Würfels durch Auffaltung desselben – miteinander verwoben sind und sich an den Verbindungspunkten der unendlich vielen Räume treffen.

Im Grunde genommen ist „The Tesseract“ folglich nur wenig mehr als einer der Filme, in denen solche Handlungsstränge mit einander verbunden werden, deren Verbindung schnell überkonstruiert erscheinen, da alles irgendwie mit allem zusammen hängt. Der Rückgriff auf den mathematischen Überbau soll dem Film die notwendige intellektuelle Reife verleihen, versperrt aber vielmehr den emotionalen Zugang zur Geschichte. Im Bangkoker Hotel mit dem sprechenden Namen „Heaven“ wohnen ein englischer Drogendealer sowie eine britische Psychologin, die für ein persönliches Projekt Kinder der thailändischen Hauptstadt in Videointerviews befragt. Dabei stößt sie auf den kleinen Wit, der im Hotel als Page arbeitet und ein wenig Geld dazu verdient, indem er die Gäste bestiehlt. Gleichzeitig taucht eine angeschossene Killerin auf, die für eine Gangsterorganisation die Drogen wieder beschaffen soll, welche der englische Drogendealer an eine andere Organisation verkaufen will. Ohne genaue Details verraten zu wollen, haben alle Figuren miteinander etwas zu tun, da sie sich an den Verbindungspunkten der unendlich vielen Räume immer wieder treffen und ihre Handlungen aufeinander einwirken. Am Ende löst der Film sogar die zeitliche Logik auf. Das Ganze ist nett anzuschauen, da der Schnitt recht virtuos zwischen verschiedenen Zeitebenen hin und her springt. Wenn eine Aktion beendet ist, dann zeigt der Film die Erlebnisse einer anderen Figur zu selben Zeit, um die Berührungsfetzen ins Zentrum zu rücken, was sehr gut gelingt. Dadurch treten die Ereignisse selbst aber in den Hintergrund, da der Film seine ganze Energie darauf verwendet, das intellektuelle Konzept in den erzählerischen Aufbau zu übersetzen. Insofern bleibt der Film ein hübsch anzusehendes Experiment ohne Durchschlagskraft.

Bildqualität

Die weitgehend saubere und bildpunktfreie Vorlage präsentiert sich mit einer Schärfe, die meistens gut gelungen ist, teilweise aber nur angenehm ausfällt. Letzteres betrifft vor allem die Detailfreude. Die filterbearbeiteten Farben entsprechen in der Wiedergabe an jeder Stelle dem visuellen Konzept. Während der Kontrast sowie Schwarzwert ebenfalls gelungen sind, fallen die Rauschmuster stärker auf. Vor allem Hintergründe zeigen Blockrauschen.

Tonqualität

Der 5.1-Ton liefert das räumliche Erlebnis genau dann, wann es am meisten gebraucht wird. In den teilweise ruhigen Passagen sorgt die satte Musikwiedergabe für die entsprechende Kulisse, bei Schießereien kann die Anlage dann in allen Bereichen ihr Können zeigen. Der DTS-Ton fällt etwas wuchtiger aus. Die Dialoge sind stets klar und verständlich.

Extras

Das 20minütige Making Of bietet über Werbebotschaften hinaus kaum Informationen. Regisseur Oxide Pang berichtet ein wenig über die Drehbuchentwicklung, die restlichen Aussagen sind weniger interessant. Der Trailer rundet das Bonusmaterial ab.

Fazit

„The Tesseract“ erstickt an der Überkonstruiertheit der Handlung, die sich in einem sprunghaften Schnitt niederschlägt, der gegen Ende das Konzept der Linearität auflöst. Emotionalität hat in diesem Experiment keinen Platz. Technisch ist die DVD solide.

Stefan Dabrock

   
Originaltitel The Tesseract (Thailand 2003)
Länge 92 Minuten (Pal)
Studio Capelight
Regie Oxide Pang
Darsteller Jonathan Rhys-Meyers, Saskia Reeves, Alexander Rendel, u.a.
Format 1:2,35 (16:9)
Ton DTS Deutsch, DD 5.1 Deutsch, Englisch
Untertitel Deutsch
Extras Making Of, Trailer
Preis ca. 15 EUR
Bewertung experimentell, technisch solide