Der Teufel steckt im Detail

Tödlicher Segen

In seinem vierten Spielfilm thematisiert Wes Craven, der in seiner Jugend unter religiöser Strenge gelitten hat, fundamentalistische Glaubensstrukturen als Fehlleitung einer angsterfüllten Gemeinschaft. Die amishähnliche, aber noch fundamentalistischer ausgeprägte Sekte der Filmhandlung hat ein repressives System aus Angst und Bestrafung installiert. Marthas Ehemann war einst Teil der Gemeinschaft, fiel aber in Ungnade, als er mit ihr zurück kam und für die Bewirtschaftung seiner Farm auch noch einen Traktor anschaffte. Denn technische Geräte dieser Art sind in der Augen der Glaubensgemeinschaft Teufelszeug. Nachdem ein mysteriöser Unfall seinen Tod verursachte, bleibt es völlig rätselhaft, wer Marthas Ehemann getötet hat. Die Mitglieder der Glaubensgemeinschaft sind jedenfalls fest davon überzeugt, dass ein Dämon sein Unwesen treibt, der mit Martha im Bunde ist. Zwei Freundinnen der Witwe reisen in die ländliche Einöde, um ihr beizustehen. Daraus resultiert jedoch keine Stabilität, da die bedrohliche Atmosphäre durch weitere Ereignisse angeheizt wird.

„Tödlicher Segen“ ist ein Musterbeispiel dafür, wie eine irritierende Kameraarbeit im Verbund mit der gelungenen Lichtsetzung und plötzlichen Schockeffekten ohne übermäßig graphische Gewalt eine Atmosphäre des Terrors erzeugen kann. So kriecht die Kamera beispielsweise zwischen die Geräte in der dunklen Scheune oder nutzt die Unübersichtlichkeit des Heubodens, um eine Perspektive eingeschränkter Sicht einzunehmen. Dabei huscht sie stets ein wenig nervös hin und her, um die adrenalingetränkte Anspannung desjenigen zu reflektieren, dessen Tödlicher Segen subjektive Perspektive sie gerade einnimmt. Dazu zaubert das Licht einen klaren Kontrast aus hellen und dunklen Bereichen, so dass sich die Bedrohung potenziert. Denn aus psychologischen Gründen wird sie gerne dort vermutet, wo das menschliche Auge in der jeweiligen Situation nicht hinreicht. Vergößert sich der Abstand zwischen den sicheren hellen sowie den unsicheren dunklen Bereichen, dann steigt auch die Angst, bis sich ein Gefühl des Terrors einstellt. Hinzu kommt die edle Optik des bläulichen Schimmers, in den das nächtliche Farmhaus getaucht ist. Die visuelle Schönheit passt so gar nicht zu den brutalen Ereignissen, der Kontrast wirkt verstörend.

Auf diese Weise gelingt es Wes Craven, eine Atmosphäre verunsichernder ästhetischer Bilder zu erzeugen, die zusammen mit den Albträumen einer der beiden zur Unterstützung Marthas angereisten Freundinnen eine Welt der Angst reflektieren, in der sich alle handelnden Personen bewegen. Während die Glaubensgemeinschaft ihr gottesfürchtiges, repressives System zu Stützung der eigenen Psyche einsetzt, haben es Martha und ihr Ehemann mit rationalem Durchhaltewillen versucht. Beide Aspekte zusammen ergeben einen differenzierten Blick auf menschliche Strategien, mit einer komplexen und bedrohlichen Realität umzugehen. Und wenn Cravens Film an dieser Stelle Schluss gemacht hätte, dann wäre „Tödlicher Segen“ ein großer Wurf des Horrorfilms geworden, aber das Studio wollte unbedingt einen Horrorfilm mit unerklärlichen Elementen. Das Resultat ist ein schwachsinniger, zum Glück sehr kurzer Epilog, der bestenfalls in einem debilen Zusammenhang zur restlichen Erzählung steht. Eine Kinderei dummer Jungs, die nichts verstanden haben. Wenn man sie außer Acht lässt, dann fügt gerade auch die Auflösung dem Verunsicherungsaspekt eine weitere, tragische Dimension hinzu.

Bildqualität

Tödlicher SegenNach den ersten Minuten, in denen das Bild stärker rauscht, verbessert sich die Qualität deutlich. Das aufgeräumte Material erstrahlt mit guter Schärfe, die vor allem bei den Konturen punkten kann. Dass nicht immer alle Details zu sehen sind, lässt sich gut verschmerzen. Die Farben sind kräftig und der Kontrast brilliert vor allem in den dunklen Nachtaufnahmen, in denen die edel ausgeleuchtete Optik voll zur Geltung kommt. Das leichte Hintergrundrauschen stört kaum.

Tonqualität

Beide 2.0-Tonspuren liefern das, was man von ihnen erwarten kann. Die Dialoge sind kalr und verständlich, störendes Rauschen gibt es nicht. Die atmosphärische Musik fügt sich gut in das akustische Geschehen ein, so dass die spannungsreiche Atmosphäre effektiv unterstützt wird. Leichte Verzerrungen stören kaum.

Extras

Bonusmaterial existiert nicht.

Fazit

Ohne den Unfug des Epilogs präsentiert Wes Craven in „Tödlicher Segen“ eine perfekte Mischung aus Verunsicherung und Terrorspannung, die einen reflektierten Blick auf die menschliche Psyche angesichts einer komplexen und unübersichtlichen Umwelt wirft. Technisch ist die DVD gut.

Stefan Dabrock

   
Originaltitel Deadly Blessings (USA 1981)
Länge 98 Minuten (Pal)
Studio Koch Media
Regie Wes Craven
Darsteller Maren Jensen, Sharon Stone, Susan Buckner, Lisa Hartman, Ernest Borgnine, Michael Berryman, u.a.
Format 1:1,85 (16:9)
Ton DD 2.0 Deutsch, Englisch
Untertitel -
Extras -
Preis ca. 15 EUR
Bewertung ohne Epilog sehr gut, sonst Unfug, technisch gut