Verdeckte Rache

Tote pflastern seinen Weg

Tote pflastern seinen WegDank verschiedener DVD-Firmen ist so mancher guter Beitrag des italienischen Genre-Kinos jenseits der bekanntesten Größen Mario Bava und Dario Argento in ungeschnittener Fassung auch in Deutschland oder dem benachbarten Österreich zugänglich. So kann man beispielsweise „Milano Kaliber 9“ („Milano Calibro 9“, 1971, Regie: Fernando di Leo), „Morte sospetta di una Minorenne“ (1975, Regie: Sergio Marino“) oder „Der Killer von Wien“ („Lo Strano Vizio Della Signora Wardh“, 1971, Regie: Sergio Martino) genießen. New Entertainment World hat mit dem Poliziotti „Tote pflastern seinen Weg“ nun einen weiteren italienischen Genre-Beitrag auf den Markt gebracht.

Darin soll der junge Inspektor Massimo Tonani als verdeckter Ermittler eine Drogenbande zur Strecke bringen. Die Polizei schleust Tonani jedoch nicht einfach in das Gefängnis ein, aus dem heraus der Drogenboss seine Geschäfte leitet, der Polizist begeht gleich einen Raubüberfall mit Geiselnahme auf ein Juweliergeschäft, um unter den Knastbrüdern als harter Bursche zu gelten. Dort gelingt es ihm schnell, das Vertrauen seiner Zielperson zu gewinnen. Mit Hilfe eines Wärters fliehen Tonani, der Drogenboss und dessen engster Vertrauter, da die Geschäfte draußen eine ordnende Hand benötigen. Tonani sieht nun seine Chance gekommen, die Bande zu Strecke zu bringen. Dabei treibt ihn jedoch weniger der Gedanke an Recht und Gesetz um, denn die Gangster sind dafür verantwortlich, dass seine Mutter im Rollstuhl sitzen muss. Rache heißt Tonanis Motiv.

Franco Prosperi versteht es, die Handlung auf ebenso ruppige wie temporeiche Weise voranzutreiben. Ohne ausufernde Mätzchen inszeniert er den Raubüberfall als kompakten Einstieg, präsentiert die handlungsökonomisch notwendigen Ereignisse im Gefängnis, welche das Geschehen nachvollziehbar machen, und springt dann in dramatischen Auseinandersetzungen nach dem Ausbruch. Präzise greifen die einzelnen Bausteine ineinander, deren Zielstrebigkeit den unbedingten Rachewillen Tonanis widerspiegeln. Die kompakte Tote pflastern seinen WegDramaturgie pumpt auf machtvolle Weise Energie in die Fokussierung des verdeckt arbeitenden Polizisten auf sein persönliches Ziel. Recht und Gesetz spielen bei seinen Handlungen keine Rolle mehr. Dabei redet der Film aber keineswegs einer faschistoiden Weltsicht das Wort, da hier nicht der Polizeiapparat als Richter und Henker auftritt, sondern Tonani als Einzelperson seinem Rachemotiv im Sinne einer archaischen Auseinandersetzung folgt. Insofern beschreibt Prosperis Film, wie die persönliche Betroffenheit die sonst geltenden Prinzipien aushebelt. Tonani kann gar nicht als Polizist handeln, weil ihn das Leid seiner Mutter in der Beziehung zu den Verursachern ihrer Verletzung zu einem Privatmann macht. Auch wenn seine Taten kühl überlegt ausgeführt werden, liegt ihr Ursprung in einer emotionalen Überwältigung, deren wilde Kraft er durch die persönliche Zielsetzung zu steuern vermag.

Bildqualität

Die DVD-Veröffentlichung ist vor dem Hintergrund der Bildqualität eine Angelegenheit für absolute Fans der italienischen Polizeikinos und Komplettisten, denn aufgrund des schwachen zur Verfügung stehenden Tote pflastern seinen WegAusgangsmaterials, kann die DVD keine normale Bildqualität liefern. Nur eine sehr aufwendige und teure Bearbeitung, die angesichts des Marktpotentials schwer durchführbar gewesen wäre, hätte das ändern können. Der DVD-Veröffentlichung liegt eine ungeschnittene, italienische Vollbildfassung sowie eine geschnittene, deutsche Letterbox-Fassung zugrunde.

Beide Fassungen bieten durchschnittliche Videoqualität mit mäßiger Schärfe, wobei die Letterbox-Fassung etwas besser abschneidet. Die Vollbildfassung ist deutlich heller, so dass in dunklen Szenen manche Details zu sehen sind, die in der Letterboxfassung verloren gehen. Dafür sind die Farben der Vollbildfassung gegenüber der Letterbox-Fassung deutlich ausgeblichener. Wer sich für die Letterbox-Fassung entscheidet, die natürlich den großen Vorteil hat, dass links und rechts keine Bildinhalte verloren gehen, sieht die geschnittenen Szenen im eingefügten Windowboxverfahren aus der Vollbildfassung. Insofern hat New Entertainment World angesichts der schwierigen Ausgangslage eine recht elegante Lösung gefunden, um das Werk zu veröffentlichen. Beide Fassungen leiden unter Blockrauschen.

Tonqualität

Der italienische Ton bietet eine grundsolide Qualität ohne nennenswerte Schwächen. Das leichte Rauschen behindert die Verständlichkeit der Dialoge nicht. Demgegenüber ist die deutsche Fassung stärker verrauscht, hinzu kommen leichte Verzerrungen bei höheren Frequenzen, die zwar die Verständlichkeit nicht gefährden, aber doch deutlich hörbar sind. Der englische Ton besitzt die typische Monoschwäche einer sehr dumpfen Wiedergabe, so dass man teilweise das Gefühl hat, der Ton käme aus dem Nebenraum. Da der italienische Ton sehr ordentlich ist und deutsche Untertitel zur Verfügung stehen, macht die Veröffentlichung hier eine klar bessere Figur als beim Bild.

Extras

Die DVD enthält zwei Stücke des Soundtracks, die Ray Lovelock singt („I'm starting tomorrow“, „The Dark after the Wall“) und über das Menü aufgerufen werden können. Ein laufender Text beschäftigt sich mit dem „Tote pflastern seinen Weg“, sowie dessen Hintergründen. Die Super-8-Fassung zeigt, dass die Geschichte auch in 34 Minuten, wenn auch nicht besser, erzählt werden kann. Eine Bildergalerie, ein alternativer Vorspann sowie ein durch New Entertainment erstellter Filmtrailer runden das Bonusmaterial ab. Der PC-Part enthält zusätzlich Aushangfotos und Plakate in Druckqualität sowie den Film in einer Mp4-Version für portable Abspielgeräte.

Fazit

„Tote pflastern seinen Weg“ gehört zu den kompakten, temporeichen und deswegen unterhaltsamen Vertretern des italienischen Genre-Kinos, der eindrucksvoll beleuchtet, wie persönliche Motive die sonst geltenden Prinzipien aushebeln können. Technisch bietet die DVD aufgrund des schwierigen Ausgangsmaterials eine schwache Bildqualität. Der Ton fällt demgegenüber sehr ordentlich aus.

Stefan Dabrock

   
Originaltitel Pronto ad Uccidere (USA 2006)
Länge 90 Minuten (Pal)
Studio New Entertainment World
Regie Franco Prosperi
Darsteller Ray Lovelock, Martin Balsam, Elke Sommer, Ettore Manni, u.a.
Format 1:1,78 (4:3) und 1:1,33
Ton DD 2.0 Mono Italienisch, Deutsch, Englisch
Untertitel Deutsch
Extras Super-8-Fassung, Titelmelodie, u.m.
Preis ca. 15 EUR
Bewertung gut, technisch aufgrund des Ausgangsmaterials schwach