Verlust und Lernen

Die wilden Tage

Die wilden Tage„Carpe Diem: Raufen, saufen, vögeln!“, so die werbende Unterzeile der deutschen DVD, ist wohl der Versuch das englische Pendant „50,000 shagging drinking breathing sleeping eating living students ! a very British campus drama.“ in die heimatliche Sprache zu übertragen. Inwieweit das gelungen ist, mag der Leser selbst entscheiden, den Film charakterisiert es nur unzureichend, da es sich eben nicht um eine „urkomische britische Komödie über das Studium als Experimentierphase“ (epiX) handelt. Zu stark treten auch tragische Elemente in den Vordergrund, als das die flockige Heiterkeit der beiden Sätze transportieren könnte.

„Die wilden Tage“ verdeutlicht, dass das Leben gerade nicht alleine aus „Raufen, saufen, vögeln!“ besteht. Die Erstsemester Posh, Liam Harry, Animal und Footsie werden das bei allem natürlich vorhandenen Spaß auch auf die harte Tour lernen. Sie bewegen sich zwischen Lernen und Party, wobei die Schwerpunkte innerhalb der Gruppe unterschiedlich verteilt sind. Das hängt auch mit den verschiedenen sozialen Schichten zusammen, aus denen die fünf stammen. Für die Ärmeren handelt es sich um die Lebenschance schlechthin, während die besser betuchten entweder ein lockeres Verhältnis zur Uni entwickeln können, weil sie ohnehin abgesichert sind, oder sich einer großen Erwartungshaltung angesichts einer gesellschaftlichen Erwartungshaltung ausgesetzt sehen.

Für Animal wird der Druck zu groß, als es ihm nicht gelingt, Teil des Rugby-Teams zu werden. Er fährt sich mit Poshs Auto zu Tode. Jetzt wollen ihm seine geschockten Freund noch seinen letzten Wunsch erfüllen. Der Film besitzt eine, teilweise clipartig geschnittene, episodische Struktur der vielen Die wilden Tage Ereignisse. Amüsantes, Peinliches und Tragisches wechselt sich darin so schnell ab wie Bilder in einem Comic. Sexuelles Erwachen spielt dabei ebenso eine Rolle, wenn schüchterne Versuche zu sehen sind, die Aufmerksamkeit des anderen Geschlechtes zu erregen, wie Alkoholkonsum und eben auch der Wille erfolgreich zu studieren. Der einzige, etwas durchgehender erzählte Handlungsstrang innerhalb des Sammelsuriums der Drehbucheinfälle ist der tragische Tod Animals. Insofern präsentiert der Film ein starkes Gegengewicht zur scheinbar unbeschwerten Unizeit, indem er den Figuren durchaus mit moralischem Impetus einen harten Lernprozess aufbürdert.

Das Unterfangen scheitert jedoch daran, dass kein Verhältnis zwischen Tragik und lockerem Dasein entwickelt wird. Ein übergeordneter Spannungsbogen hätte die verschiedenen Elemente miteinander verzahnen und Beziehungen herstellen können. Da die biedere Bildsprache zusammen mit dem soliden Schnitt die Lücke nicht füllen kann, bleibt das Nebeneinander der unterschiedlichen emotionalen Elemente bestehen. Das Leben ist demnach eine seltsame Angelegenheit, bei der sich widersprüchliche Gegebenheiten unvermittelt abwechseln. Bei soviel Unverbindlichkeit läuft der Lernprozess ins Leere. Angesichts eines toten Kommilitonen ist das bemerkenswert sinnfrei.

Bildqualität

Die wilden TageDas saubere Bild weist eine ordentliche Schärfe auf, welche die Konturen zumeist klar abbildet, aber nur wenig Details besitzt. Die Farbdarstellung leistet sich ebensowenig Schwächen, wie der gute Kontrast für ein plastisches Bild sorgt. Neben dem deutlichen analogen Rauschen fällt immer wieder Blockbildung auf.

Tonqualität

Der englische 2.0-Ton liefert eine solide Vorstellungen auf den vorderen Lautsprechern ab, so dass die Dialoge klar und verständlich wiedergegeben werden. Der deutsche 5.1-Ton ist selbstverständlich nur ein Upmix, der mit einer sterilen Geräuschkulisse aufwartet. Die Dialoge sind allerdings auch hier klar und verständlich.

Extras

Das Bonusmaterial besteht aus Texttafelbiographien, einer Fotogalerie und dem Trailer.

Fazit

„Die wilden Tage“ nutzt das vorhandene Potential der Geschichte nicht für eine konsequente Verzahnung aus Humor und Tragik. Stattdessen setzt Regisseur John Miller auf ein unverbindliches Nebeneinander beider Elemente, das zu einem sinnfreien Ergebnis führt. Technisch ist die DVD solide.

Stefan Dabrock

   
Originaltitel Living in Hope (USA 2002)
Länge 84 Minuten (Pal)
Studio epiX
Regie John Miller
Darsteller Tom Harper, Paul Foster, Liam McMahon, Bennet Thorpe, Naomie Harris, u.a. 1:1,85 (4:3)
Format 1:1,85 (4:3)
Ton DD 5.1 Deutsch, DD 2.0 Englisch
Untertitel Deutsch
Extras Texttafelbiographien, Fotogalerie, Trailer
Preis ca. 14 EUR
Bewertung gescheitert, technisch solide