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blu-ray

Rache bis der Arzt kommt

Cherry Bomb

Cherry Bomb

Das Rape-and-Revenge-Subgenre gehört zu den schwierigen Feldern im Filmgeschäft, da immer die Gefahr besteht, das gewalttätige Treiben zugunsten sensationsheischender Bilder auszubeuten. Ein nicht unbeträchtlicher Teil der Zuschauer dürfte auch genau daran interessiert sein, dass die Frau zunächst gedemütigt wird, um dann als ebenso attraktiver wie rachedurstiger Vamp aufzuerstehen. Die Frauenfigur wird so zum Spiegel männlicher Vorstellungswelten, wenn nicht weitere Aspekte eine Rolle spielen.
Kyle Day kann man nicht den Vorwurf machen, dass er sich in der Vergewaltigungsdarstellung suhlt. Sie wird mithilfe kurzer, aber eindeutiger Rückblendenschnipsel relativ dezent in Szene gesetzt. Die Stripperin Cherry Bomb (Julin) übernimmt für eine Kollegin eine private Tanzvorstellung für ein paar Männer, unter denen sich auch Pete Finn (Dave Buckman), Adam Berry (Jeremy James Douglas Norton) und Ed Randell (Aaron Alexander) befinden. Die Veranstaltung läuft aus dem Ruder, sodass Cherry Bomb ein Opfer mehrfacher Vergewaltigung wird. Einzig Ed beteiligt sich nicht daran, er unternimmt aber auch nichts, um die Taten zu verhindern. Cherry Bomb landet im Krankenhaus, das eine ordentliche Rechnung für die Behandlung verlangt. Polizist Tran (Giovanni Antonello) nimmt Cherry Bombs Aussage auf, ohne sie besonders ernst zu nehmen. Er macht sich stärker Sorgen darüber, dass Cherry Bomb mit Pete Finn und Adam Berry ein paar wichtige Leute belastet, als dass er die psychisch angeschlagene Frau fürsorglich behandeln würde. Nach ein bisschen Regenerationszeit macht sich die Stripperin aus dem Staub, um an den Peinigern Rache zu üben. Mit von der Partie ist ihr Bruder, der eigentlich gar nicht töten will, sich schließlich aber doch überreden lässt.

Mit den Folgen einer Vergewaltigung setzt sich Kyle Day erwartungsgemäß nicht auseinander. Die psychische Beeinträchtigung Cherry Bombs ist nur ein simples Feigenblatt, um nach kurzer Laufzeit einen lässig auftretenden Racheengel zu präsentieren. Dabei liegt die Schwierigkeit weniger in der Transformation der Frauenfigur, als in der cool gemeinten Darstellung der neuen Persönlichkeitsstruktur. Cherry Bomb geht es als Rächerin nicht nur sichtlich gut, sie macht auch nicht mehr den Eindruck, als habe sie etwas besonders Schlimmes hinter sich. Eine nennenswerte Verknüpfung ihrer Transformation mit dem Vergewaltigungsereignis existiert nicht. Ein paar wütende Dialoge, in denen sie erwähnt, dass sie die Männer tot sehen will, reichen dafür einfach nicht aus. Das erlebte Trauma wird bei Kyle Day fast bis zur Unkenntlichkeit weggewischt.

Stattdessen konzentriert er sich auf eine Abfolge von Selbstjustizszenen, die als die dümmste Racheserie in die Filmgeschichte eingehen könnte, wenn man nicht befürchten müsste, dass dem Unfug einfach keine Grenzen gesetzt sind. Ich selbst bin kein großer Fan davon, Cherry Bomb scheinbare Logiklöcher einer Filmhandlung aufzudecken. In den allermeisten Fällen handelt es sich dabei um alberne Erbsenzählerei, die den realitätsdehnenden Charakter der Kunstform Film nicht berücksichtigt. Kyle Day übertreibt bei „Cherry Bomb“ aber so maßlos, dass der Blödsinn nicht mehr unter den Teppich gekehrt werden kann. Das geht schon los, wenn Cherry Bombs Bruder sich urplötzlich dazu bereit erklärt, seiner Schwester bei den Tötungen zu helfen. Der Film erläutert zuvor, dass sich die beiden Geschwister nichts besonders nahe stehen. Der Bruder will Cherry Bomb eindringlich davon abbringen, Rache zu üben. Als sich seine Schwester darauf nicht einlässt, schwenkt er von einer Sekunde auf die andere um, ohne dass ein Ereignis seinen Sinneswandel erklärt. Das ist angesichts des Vorhabens, mehrfachen Mord zu verüben, höchst seltsam. Der Drehbuchautor Garett Hargrove gebärdet sich hier als Marionettenspieler, auf dessen Geheiß die Figuren auch radikale, aus der Luft gegriffene Kehrtwendungen machen können. Besser wird es auch nicht, wenn die Rache ansteht. Denn jetzt kann Cherry Bomb einerseits mit ihren Schusswaffen ziemlich gut umgehen, andererseits trifft sie mit einer Schrotflinte einen Gegner auf kurze Distanz nicht. Und welchen Sinn es haben soll, dass sie nicht nur auf Ed schießt, sondern das vor dessen Frau und der kleinen Tochter des Ehepaares macht, bleibt ein Rätsel. Die Ausübung brutaler Gewalt vor den Augen eines kleinen Kindes ist so asozial, dass Cherry Bomb als Figur zerstört wird. Was vielleicht als Ausdruck ihrer rasenden Wut gedacht war, entzieht ihr sämtliche Sympathien, die möglicherweise noch vorhanden waren. Der angebliche Profikiller Bull (Allen Hackley), der auf Cherry Bomb angesetzt wird, ist ebenfalls eine Witzfigur. Hackley wuchtet seinen massigen Körper stocksteif durch die Gegend, weil er es entweder nicht besser kann oder man ihm gesagt hat, dass das bedrohlich aussieht. In Wirklichkeit erscheint seine Figur dadurch jedoch wie ein Amateur. Der Eindruck erhöht sich, als er auf Teufel komm raus in einer Szene auf Cherry Bomb und ihren Bruder Jagd macht, obwohl er den günstigen Zeitpunkt zum Schießen längst verpasst hat. Da er genau weiß, wo Cherry Bomb wohnt, hat er alle Möglichkeit der Welt, um ganz ruhig eine neue Gelegenheit zu suchen, die den Erfolg bringt. Er kann das Killerpärchen auch ohne Aufsehen verfolgen. Aber er entscheidet sich für eine schwachsinnige, jegliche Erfolgsaussichten vermissende Variante, weil Regisseur und Drehbuchautor ein bisschen Action haben wollten.
Keine dramatische Wendung des Films wird vorbereitet. Die Ausführung der Rache sowie die Gegenmaßnahmen des Killers gleiten in lächerlich-dümmliche Regionen ab. Das Geschehen des Films lässt sich nicht ernst nehmen, komödienhaft lustig wird es deswegen aber noch lange nicht. „Cherry Bomb“ ist Verschwendung in jeder Hinsicht und deswegen Ausdruck purer Dekadenz.

Bildqualität

Cherry Bomb

Das Bild der Bluray entspricht der ordentlich-durchschnittlichen Qualität, die man bei einem gering budgetierten Film dieser Art erwarten kann. Die Schärfe ist solide bis gut, ohne dass der Film so knackig wie eine teure Produktion aussieht. Die Farbwiedergabe leistet sich keine Schwächen, der Kontrast macht ebenfalls eine gute Figur. Alles in allem sieht der Film auf der Bluray so aus, wie ihn die Filmemacher haben wollten.

Tonqualität

Die DTS-HD-Master-5.1-Tonspuren besitzen keine überragende Räumlichkeit. Dafür ist der Film zu klein. Ein bisschen werden die hinteren Lautsprecher genutzt. Die Dialoge sind aber sehr gut verständlich, sodass man der Bluray hier keine Schwächen attestieren kann.

Extras

Das Bonusmaterial besteht aus dem Trailer.

Fazit

„Cherry Bomb“ gehört zum Bodensatz filmischen Schaffens. Das Werk nervt mit Langeweile, Dümmlichkeit und einem fahrlässigen Umgang mit der zugrunde liegenden Thematik. Technisch ist die Bluray gut.

Stefan Dabrock

12.10.2012

   
Originaltitel Cherry Bomb (USA 2011)
Länge 82 Minuten (24p)
Studio I-on new media
Regie Kyle Day
Darsteller Julin, Nick Manning, John Gabriel Rodriguez, Allen Hackley, Jeremy James Douglas Norton, Aaron Alexander, Giovanni Antonello, Dave Buckman, u.a.
Format 1:1,78 (16:9)
Ton DTS-HD-Master 5.1 Deutsch, Englisch
Untertitel -
Extras Trailer
Preis ca. 18 EUR
Bewertung Bodensatz, technisch gut