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blu-ray

Vampirfilm als Kurvendiskussion

Durst

Rezension von Stefan Dabrock vorlesen lassen

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Durst

Die Kunst eines filmischen Dramas liegt in der emotionalen Vermittlung der auftretenden Konflikte, die zur vielschichtigen Anreicherung selbstverständlich auch intellektuell reflektiert werden können. Die ausgewogene Verknüpfung beider Elemente fördert die Qualitäten eines Films.
Chan-wook Parks „Durst“ erzählt das Drama eines Priesters, der sich aus einer Sinnkrise heraus freiwillig für ein riskantes medizinisches Experiment meldet, bei dem es um den Test eines Impfstoffes gegen ein tödliches Virus geht. Durch eine Bluttransfusion unklarer Herkunft überlebt der Priester als einziger der Probanden, ist nun aber ein Vampir. Neben der Gefahr Tageslicht sieht sich der in seinen Grundsätzen immer noch zur Nächstenliebe tendierende Mann dem Verlangen nach Blut ausgesetzt. Da er keine unbedarften Menschen zur Nahrungsaufnahme reißen will, bleiben ihm nur eingeschränkte Möglichkeiten. Glücklicherweise ist er als Seelsorger im Krankenhaus tätig, so dass er einen Komapatienten unbemerkt immer gerade soweit anzapfen kann, dass dieser nicht stirbt. Als er zufällig eine alte Jugendfreundin trifft, die unglücklich verheiratet ist, kommt Fleischeslust als weiteres Begehren hinzu. Bei privaten Treffen mit der ganzen Familie der jungen Frau wächst die Lust der beiden aufeinander, die der Vampirpriester zunächst aber nicht zulassen will.

Mit der Figur eines Priesters, der als Blutsauger den roten Lebenssaft trinken muss und sexuelles Verlangen spürt, ist der Boden für ein Drama eigentlich bereitet. Die inneren Durst Konflikte eines Menschen, der als Mann des Glaubens eigentlich Gutes tun möchte und enthaltsam leben soll, liegen auf der Hand. Gleichzeitig bietet die Thematik auch noch die Möglichkeit, auf metaphorische Weise über den Menschen und seine wilden Triebe zu reflektieren, wenn man den Vampir nicht als komplett eigene Spezies, sondern als ungezügeltes Sinnbild für das im Menschen wohnende Verlangen nach Verzehrung interpretiert. Dem südkoreanischen Regisseur Chan-wook Park steht bei der Inszenierung jedoch sein rein intellektueller Ansatz im Weg, der an keiner Stelle vermittelt, dass er die emotionale Tragweite der aufgeworfenen Konflikte überhaupt verstanden hat. Eine kurze Selbstzüchtigung mit einem Lineal muss unter einer solchen Prämisse als Abhakszene ausreichen, um zu vermitteln, dass der Priester mit seinen Trieben nicht im Einklang steht. Die dergestalt nüchterne, mit mathematischer Einfachheit dargebotene Inszenierung vermittelt den Eindruck, dass sich ihr Schöpfer nicht vorstellen kann, dass der Widerstreit zwischen Trieb und Willenskraft etwas dauerhafter in einem Menschen tobt, als es in den plumpen, punktuellen Szenen sichtbar ist. Die Kunst einer Inszenierung besteht gegenüber dem Gezeigten darin, die aufgeworfene Thematik auch in Sequenzen mitschwingen zu lassen, die nicht ganz offensichtlich als ihre direkte Bebilderung dienen.

Chan-wook Park beherrscht das bei „Durst“ jedoch nicht. Der Priester läuft nach seiner Vampierkenntnis nicht etwa mit mühsam kontrollierter Ruhe durch die meisten Szenen, sondern so natürlich stoisch, als sei er bereits tot. Das bricht kurzzeitig auf, wenn das Drehbuch wieder eine eindeutige Signalszene besitzt, die laut brüllend das schon vergessene Drama in Erinnerung rufen soll, um danach wieder in die alte Lethargie zu verfallen. Das führt einerseits zu einem angesichts der Themen etwas merkwürdig schlichten Kurvenverlauf der Handlung und andererseits dazu, dass die Themen im Kern überhaupt nicht erfasst werden. Innerhalb eines wissenschaftlichen Textes ist es möglich, sich ebenso detailliert wie fundiert mit nüchterner Sachlichkeit der Fragestellung zur Triebhaftigkeit zu widmen, bei einem filmischen Drama ist die reine Sachlichkeit, die in „Durst“ dominiert, jedoch bestenfalls drollig, aber keineswegs in der Lage, die innewohnende Kraft der Themen zu reflektieren. Das gewollt artifizielle Setdesign forciert den schalen Charakter des Films auf zusätzliche Weise. Wenn eine komplett weiß gestrichene, mit hellem Neonlicht ausgestattete Wohnung zum Vampir-Refugium wird, dann ließe sich der kalten Atmosphäre zwar eine saftige, wild inszenierte, das triebhafte reflektierende Szene als Ausdruck eines Spannungsverhältnisses entgegen setzen, aber daran hat Chan-wook Park kein Interesse. Stattdessen regiert weiterhin die stoische Gelassenheit, die auch durch ein bisschen Showgehabe auf Vampirseite nicht aufgebrochen wird. Die Konfliktlinien, die Emotionen, das Triebhafte, die religiöse Komponente, all das hat Chan-wook Park mit seinem Inszenierungsstil auf konsequente Weise abgetötet und das ist das einzige Drama, das bei Ansicht des Films noch erkennbar ist.

Bildqualität

Das saubere Bild der Bluray ist gestochen scharf, so dass klare Konturen und ein hoher Detailreichtum dominieren. Die kräftigen Farben geben die artifizielle Atmosphäre des Films sehr gut wieder, der ausgewogene Kontrast sorgt dafür, dass auch bei dunklen Passagen keine Details verschluckt werden. Nennenswerte Rauschmuster sind nicht zu sehen.

Tonqualität

Die DTS-HD-Master-5.1-Tonspuren besitzen klare und verständliche Dialoge, die ausgewogen mit den übrigen Geräuschen abgemischt wurden. Genrebedingt besitzt der Film keine besonders knackige, räumliche Kulisse, vermag aber über die Musik einen atmosphärisches Klangerlebnis zu erzeugen.

Extras

Durst

Das Bonusmaterial besteht neben zwei Trailern zum Film aus Bildmaterial, das bei Chan-wook Parks Besuch der Berliner Fantasyfilmfestausgabe 2009 gedreht wurde. In der Publikumsbefragung nach der Filmvorführung (etwa 36 Minuten) äußert sich der Regisseur unter anderem zu seinem Verhältnis zum Katholizismus, der Vampirthematik und dem geplanten Hollywood-Remake seines Films „Oldboy“ (Südkorea 2003).
Daneben ist Chan-wook Park noch kurz am Autogrammtisch im Kinofoyer zu sehen (etwa zwei Minuten).

Fazit

„Durst“ vermeidet gekonnt, seine Themen Triebhaftigkeit und den Kampf dagegen so emotional zu unterfüttern, dass sie mehr als ein dürres, totes Gerippe sind. Die einzig interessante Figur des ganzen Films ist die alte Jugendfreundin des Priesters, die in seinen Bannkreis gerät. Das kann den Film aber nicht retten. Technisch ist die Bluray sehr gut.

Stefan Dabrock

24.03.2010

   
Originaltitel Bakjwi (Südkorea 2009)
Länge 134 Minuten (24p)
Studio MFA+
Regie Chan-wook Park
Darsteller Kang-ho Song, Ok-bin Kim, Hae-sook Kim, Ha-kyun Shin, In-hwan Park, u.a.
Format 1:2,35 (16:9)
Ton DTS-HD 5.1 Deutsch, Koreanisch
Untertitel Deutsch
Extras Chan-wook Park beim Fantasy Filmfest in Berlin: Q & A + Autogrammstunde
Preis ca. 17 EUR
Bewertung emotionslos, technisch sehr gut