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Die letzten ihrer Art

Sexmission

Rezension von Stefan Dabrock vorlesen lassen

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Sexmission

Der markige Titel des polnischen Science-Fiction-Films „Sexmission“ ist schon selbst eine ironische Brechung, da das wissenschaftliche Experiment zu Beginn der Erzählung keinen sexuellen Charakter hat. Es geht schlicht darum, zwei Männer für den begrenzten Zeitraum von drei Jahren einzufrieren, um sie danach wieder aufzutauen. Wenn das gelingt, so die hoffnungsvolle Botschaft, dann können nach aktuellen Maßstäben unheilbar Kranke in Zukunft so lange in ihrer Kältekammer ausharren, bis die Medizin ihnen helfen könne. Durch unvorhergesehne Ereignisse dauert die Frostphase der beiden Männer jedoch nicht drei Jahre sondern über 50 Jahre. Inzwischen haben kriegerische Auseinandersetzungen alle Männer des Planeten Erde ins Jenseits befördert, übrig geblieben ist eine reine Frauengesellschaft, die sich mit Hilfe sogenannter Jungfrauenzeugung vermehrt. Die aufgetauten Männer werden von den Frauen in einer Zelle gefangen gehalten, da erst einmal beratschlagt werden muss, was mit den „Fossilien“ geschehen soll. Die Möglichkeiten reichen von Geschlechtsumwandlung bis zu medizinischen Experimenten. Beides klingt in den Ohren der Männer nicht besonders verlockend. Als sie merken, dass sie den gewohnten Umgang der Geschlechter nicht so einfach wieder etablieren können, planen sie die Flucht.

Der Film denkt das Konzept der Emanzipation einfach so konsequent weiter, dass sich daraus eine völlig absurde Situation ergibt. Für die beiden Männer bedeutet das den Zusammenbruch des Gewohnten. Nur aufgrund ihres Geschlechtes sind sie etwas Besonderes, ohne dass das Sexmission etwas Positives wäre. Für die Frauen sind sie eine Bedrohung der etablierten Ordnung. Das geringste Übel ist es da noch, wenn enthusiastische Wissenschaftlerinnen sich freuen, möglicherweise das fehlende Bindeglied zwischen den Frauen und dem Menschenaffen gefunden zu haben. Im Ergebnis bildet die Gesellschaft der Frauen eine Diktatur, die nur noch Ihresgleichen duldet. Das führt zur grotesken Feminisierung bekannter Wissenschaftler, wenn von Alberta Einstein die Rede ist. Aus dem Aufeinanderprall dieser totalitär weiblichen Sicht mit dem Selbstverständnis der Männer, die anfangs noch glauben, im Paradies zu sein, schöpft der Film seinen Witz. Beide Seiten müssen feststellen, dass das scheinbar Selbstverständliche nur Teil eines sehr eingeschränkten Weltbildes ist. Genüsslich zieht Regisseur Juliusz Machulski den Männern den Boden unter den Füßen weg, indem er ihre durchaus überhebliche Art demontiert, mit der sie sich als mögliche Heilsbringer gesehen haben. Angesichts der Machtverhältnisse bleiben sie verdattert zurück, als sie merken, dass ihre Besonderheit unerwünscht ist. Trotz der Seitenhiebe auf beide Geschlechter zielt der Humor stärker auf eine kritische Reflexion emanzipatorischen Übermaßes ab. Die Frauen haben sich so gründlich jeglicher Freude beraubt, dass sie bei harmlosen Kussversuchen durch einen der Männer bereits in Ohnmacht fallen.

Mit Hilfe des Versprechens auf sinnliche Lust gelingt es dann auch, die Saat des Zweifels in der Frauengesellschaft zu platzieren. Das scheinbar stabile System droht auseinanderzubrechen. Damit zielt der Film auch auf eine Sorge totalitär-kommunistischer Systeme ab. Denn die Geschlechtergeschichte ist letztlich nur eine Parabel auf die Absurdität der angeblichen Gleichheit im real existierenden Sozialismus. Machulski entlarvt die gepriesenen Strukturen als reine Machtinstrumente und interpretiert ihre Prämisse im letzten Akt als Täuschungsmanöver. Die Gleichheit dient nur dem Machterhalt. Ein spannendes Dokument systemkritischer Filmarbeit.

Bildqualität

Sexmission

Das saubere Bild der DVD weist eine ordentliche Schärfe auf, die zwar nicht verhindern kann, dass die Konturen etwas weich aussehen, aber insgesamt brauchbar ist. Der Detailreichtum ist eingeschränkt. Die leicht reduzierte, immer mit einem sanften Schleier versehene Farbpalette wird gut reproduziert. Der Kontrast ist in Ordnung. Störende Rauschmuster gibt es nicht.
Nach einer knappen Viertelstunde springt die DVD wieder zurück ins Hauptmenü und muss dann mit dem anschließenden Kapitel neu gestartet werden. Laut Labelinformation passiert das nur bei den Rezensionsexemplaren, die im Handel erhältlichen sollen dieses Verhalten nicht aufweisen. Da eine Nachprüfung nicht möglich war, sollte der Käufer seine DVD schnell einmal testen.

Tonqualität

Der deutsche 2.0-Ton reist keine Bäume aus, wenn es um die Nutzung der vorderen Lautsprecher geht. Die Dialoge sind aber gut verständliche, störende Verzerrungen gibt es nicht. Leider ist nur eine deutsche Tonspur auf der DVD enthalten. Die nur im polnischen Original vorliegenden entfallenen Szenen zeigen aber, dass auch Originalton verfügbar ist. Insofern weist die Veröffentlichung trotz des lobenswerten Ansatzes, auch hierzulande eher unbekanntere Werke zu würdigen, Schwächen auf.

Extras

Die vier entfallenen Szenen im polnischen Original mit deutschen Untertiteln enthalten Dialogpassagen, welche den systemkritischen Ansatz so deutlich machen, dass der Film den DDR-Behörden teilweise wohl doch etwas zu heikel war.
Daneben sind Filmtrailer, eine Bildergalerie sowie Texttafelinformationen zu „Sexmission“ und der Thematik der Parthenogenese (Jungfrauenzeugung).

Fazit

„Sexmission“ nimmt fragwürdige Tendenzen einer übersteigerten Emanzipation aufs Korn, ohne aber die Männer ungeschoren davon kommen zu lassen. Darüber hinaus nutzt er seine satirische Geschichte über eine reine Frauengesellschaft, die zwei eingefrorene Männer als Relikte der Vergangenheit auftaut, für eine gesellschaftskritische Parabel. Die Machtmechanismen des real existierenden Sozialismus werden auf grimmige Weise entlarvt. Technisch ist die DVD ordentlich, der fehlende Originalton ist ein echtes Manko.

Stefan Dabrock

09.04.2010

   
Originaltitel Seksmisja (Polen 1984)
Länge 109 Minuten (Pal)
Studio Ostalgica
Regie Juliusz Machulski
Darsteller Olgierd Lukaszewicz, Jerzy Stuhr, Bozena Stryjkówna, Boguslawa Pawelec, Hanna Stankówna, u.a.
Format 1:1,33 (4:3)
Ton DD 2.0 Deutsch
Untertitel -
Extras Entfallene Szenen, Bildergalerie, Trailer, Textafelinformationen
Preis ca. 10 EUR
Bewertung gut, technisch ordentlich