dvdheimat und blurayheimat - das magazin für dvd und bluray-rezensionen

rezensionen

30.03. Paul Temple und der Fall Marquis
03.03. Die weiße Mafia
16.02. Das Mädchen mit den schwarzen Strümpfen
11.02. Im Dutzend zur Hölle
28.01. Die Engel von St. Pauli
21.01. Die Todeskralle des grausamen Wolfes
06.01. Die Mörderklinik
12.12. Paul Temple: Jagd auf Z
27.11. Die drei Supermänner räumen auf
30.10. Die Heuchler
10.10. X 312 … Flug zur Hölle...
03.10. Das Todeslied des Shaolin
15.09. Der Koloss von Konga
26.08. Das Omen des Bösen
11.08. Menschen im Hotel
06.08. Mädchen: Mit Gewalt

kurzrezension

09.11. Return of the Warrior
30.05. Iron Sky - Director's Cut (blu-ray)
21.05. Captain Invincible oder „Wer fürchtet sich vor Amerika?“
22.04. True Justice: Angel of Death – Der Todesengel (blu-ray)

blu-ray

Mr. Kinski, Please Kill!

Crawlspace - Killerhaus

Crawlspace - Killerhaus

David Schmoeller gehört nicht zu den Regisseuren, dessen Werke man unbedingt nachholen müsste. Im Horrorfilm „Tourist Trap – Die Touristenfalle“ („Tourist Trap“, USA 1979) holte er aus der amerikanischen Einöde trotz netter, bizarrer Einfälle wenig atmosphärische Qualitäten heraus und auch „Puppetmaster“ (USA 1989) verlässt sich stärker auf seine Einzelideen, als sie mit Gewinn in eine ineinandergreifende Erzählung zu überführen. So muss man ehrlicherweise feststellen, dass „Crawlspace“ überhaupt nicht der Rede wert wäre, würde nicht Klaus Kinski auf dem Cover stehen. Ich halte zwar die gerne verbreitete These für etwas gewagt, das Kinski in allen seinen Filmen, und seien sie auch noch so schlecht, immer sehenswert ist, aber tatsächlich hatte der Mime das Zeug dazu, viele belanglose Filme aufzuwerten. In Bestform durchdringt sein intensives Spiel Leinwand oder Bildschirm, um mit bedrohlicher Energie Kinosaal oder Wohnung zu erfüllen.
In „Crawlspace“ wurde er in der typischen Rolle des Psychopathen besetzt. Karl Gunther (Klaus Kinski) besitzt ein Mietshaus, dessen Wohnungen er nur an junge Frauen abgibt. Denn sie sind die idealen Opfer für seine krankhafte Obsession. Er beobachtet sie nicht nur durch die Lüftungsschächte, er testet auch ihre Reaktion auf unangenehme Irritationen. Die Experimentierfreude hat sich Gunther bei seinem Vater abgeschaut, der als Arzt für die Nazis Verbrechen begangen hat. Die Vergangenheit schleppt Karl auch als Belastung mit sich herum. Deswegen fordert er immer wieder das Schicksal heraus, indem er russisch Roulette spielt. Doch er bleibt am Leben und sucht sich unter den Mieterinnen Opfer aus, die er tötet.

Schmoeller, der auch das Drehbuch geschrieben hat, haut mit seinen Ideen ganz schön auf den Exploitationputz. Nazivergangenheit, Voyeurismus sowie krude Tötungsmaschinen eignen sich als Motive für einen deftigen Horrorthriller, der aus seinen Schauwerten keinen Hehl machen würde. „Crawlspace“ pendelt aber unentschlossen zwischen ansatzweise ernsthafter Würdigung der psychischen Verwerfung Gunthers und einem geisterbahnartigen Gruselwunsch. Denn wie will man den Auftritt Josef Steiners (Kenneth Robert Shippy) erklären, der Gunther drei Jahre lang gesucht hat und ihn nun mit zurückliegenden Verbrechen konfrontiert, wenn nicht als Versuch, dem Thema zeitweise Tiefe zu verleihen. Steiner, der Gunther zunächst in die Enge Crawlspace - Killerhaus treibt, wird jedoch bei nächstbester Gelegenheit diskreditiert. Er will bei einer Mieterin Informationen über Gunther in Erfahrung bringen, überschüttet sie jedoch mit detaillierten Kenntnissen über sie selbst. Die zwanghaft anmutende Schnüffelei Steiners im Privatleben der Mieterin lässt ihn so zwielichtig erscheinen, dass er wie in deplatzierter Clown wirkt. Der unangenehme Effekt der Verhöhnung, der damit verbunden ist, dauert zum Glück nicht lange an. Denn als habe es sich dabei nur um einen schlechten Scherz gehandelt, hat Steiner keine lange Zukunft. Solche Szenen, die zum übrigen Handlungsfluss kaum eine Bindung besitzen, zeigen symptomatisch, was für ein schlechter Erzähler Schmoeller ist. Die einzelne Idee, die für sich genommen möglicherweise noch einen gewissen Reiz hat – auch wenn das in diesem Fall nur schwer nachvollziehbar ist -, steht im fertigen Film zu oft wie ein isolierter Monolith da, umgeben von anderen Monolithen.
Solche Aussetzer ließen sich noch abhaken, wenn wenigstens der Gruselansatz auf Spannung getrimmt wäre. Ohne die ernsthafte Beschäftigung mit Psychologie, Motivation und innerer Zerrissenheit der Kinski-Figur bleibt nichts anderes als der Horroraspekt übrig. Der Tanz mit dem Tod, der den Zuschauer immer auch mit der eigenen Sterblichkeit konfrontiert, wenn im Film ein Opfer zu beklagen ist, gehört jedoch auch nicht zur Schmoellers Fähigkeiten. Die klassische Situation einer jungen Frau alleine in der Wohnung, die seltsame Geräusche hört, nutzt er für falschen Alarm, ihre spätere Ermordung findet im Film gar nicht statt. Sie wird einfach aufgefunden. Andere Opfer tappen aus dem Nichts in eine Falle. Der Tod kommt so beiläufig daher, dass er angesichts fehlender ernsthafter Grundierung belanglos wird. Der Horror vermag im Gewand der Langeweile nicht mehr an den Selbsterhaltungstrieb des Zuschauers zu appellieren. Obwohl der Filmmord eigentlich ein drastisches Mittel ist, wirkt er in Schmoellers Händen wie ein sanftes Lämmchen. Erst im Finale, wenn eine Figur wirklich um ihr Leben kämpft, entwickelt Schmoeller mit der Kombination aus einer Jagd durch die Luftschächte und alten Dokumentaraufnahmen Hitlers eine Atmosphäre flirrenden Wahnsinns, der den zugrundeliegenden Motiven gerecht wird.
Das rettet den Film aber nicht mehr, der ansonsten nur von Kinski lebt. Die sanfte Sprechweise des Schauspielers lässt keinen Zweifel aufkommen, dass in seinem Inneren unberechenbare Kräfte wirken, die jederzeit auf brutale Weise ausbrechen können. Der brüchige Tonfall offenbart die Unsicherheit eines Menschen, der sich nach außen gerne arrogant gibt. Gunthers Art ruft Gefühle wie Angst und Abscheu hervor. Der Abgrund ist trotz des exploitativ-albernen Charakters des Films zu sehen.

Bildqualität

Crawlspace - Killerhaus

Die Bluray sieht überraschend gut aus. Natürlich macht sich in dunklen Szenen das Filmkorn stärker bemerkbar, weil die kleine Produktion nicht mit dem teuersten Filmmaterial gearbeitet hat, aber das stört nicht. Stattdessen wird man mit einer guten Schärfe belohnt, die vor allem bei Nahaufnahmen einen hohen Detailgrad aufweist. Kleine Verschmutzungen lassen sich verschmerzen. Die Farben wirken kräftig und geben die spezielle 1980er-Jahre-Ästhetik gut wieder. Das ist für Fans des Jahrzehnts neben Kinski der zweite Grund, warum man sich das Werk ansehen kann. Der Kontrast ist nicht immer optimal, weil die Durchzeichnung bei dunklen Szenen leicht leidet, aber insgesamt macht die Bluray auch hier eine gute Figur.

Tonqualität

Die DTS-HD-Master-2.0-Tonspuren klingt sauber. Nennenswerte Effekte gibt es natürlich nicht, aber die Dialoge sind gut verständlich. Im Verbund mit der Musik und der prägnanten Geräuschwiedergabe klingen beide Tonspuren relativ druckvoll.

Extras

Das etwa 45-minütige Making Of besteht aus etwa zwei Minuten Behind the Scenes-Material vom Dreh und dem Teil eines Interviews, das Jay Miracle mit Kinski während der Dreharbeiten zu „Crawlspace“ geführt hat. Angekündigt wird der Beitrag auf dem Bluray-Cover mit den Worten „Inklusive einem unveröffentlichten Making Of (ca. 45 Minuten)“. Das mag in dieser Schnittfassung für das gesamte Material und für die Behind the Scenes-Aufnahmen im besonderen gelten, suggeriert aber, als handele es sich um komplett unveröffentlichtes Material. Das Interview, das Jay Miracle gefilmt hat, ist jedoch bereits auf der 2011 veröffentlichten DVD „Kinski Talks²“ in einer zudem längeren Version enthalten. Weiterer Kommentar unnötig. Das schmälert natürlich nicht die Qualität des Interviews, das eigentlich ein Monolog ist. Denn Kinski lässt sich ohne Punkt und Komma über Regisseure, das Filmemachen, die Frage, was einen Schauspieler ausmacht und ob er den Begriff überhaupt leiden mag, sowie weitere Themen aus. Absolut sehenswert.
Im etwa neunminütigen Kurzfilm „Please kill Mr. Kinski“ räsoniert Regisseuer David Schmoeller über die seiner Meinung nach schwierige Zusammenarbeit mit Kinski. So beschwert er sich, dass Kinski ihm verboten hat „Action“ und „Cut“ zu sagen. Außerdem gibt er einen Plan zum Besten, Kinski zu töten, um die Versicherungssumme kassieren zu können. Insgesamt als Monolog angelegt, der allein deswegen seine Wirkung verfehlt, weil Schmoeller kein guter Erzähler ist.
Eine knapp vierminütige Featurette, die wie ein langer Trailer mit eingeschnittenen Kommentaren wirkt, zwei TV-Spots und ein Trailer zum Film sind auf der Bluray ebenfalls enthalten.
Für das Bonusmaterial wurden deutsche Untertitel erstellt.

Fazit

„Crawlspace“ bleibt auf niedrigem Niveau stehen, weil er unentschlossen zwischen reiner Exploitation und Würdigung der Thematik stecken bleibt. Das Ergebnis ist eine seltsame Farce, bei der zudem die Spannung über weite Strecken außen vor bleibt. Fans der 1980er-Jahre können sich allerdings an der spezielle Ästhetik erfreuen und Kinski-Anhänger kommen um das Werk auch nicht umhin, wenn sie zumindest dessen größere Rollen mal gesehen haben wollen. Technisch ist die Bluray gut.

Stefan Dabrock

09.05.2013

   
Originaltitel Crawlspace (USA 1986)
Länge 81 Minuten (24p)
Studio Ascot Elite
Regie David Schmoeller
Darsteller Klaus Kinski, Talia Blasam, Barbara Whinnery, Carole Francis, Tane McClure, Sally Brown, Jack Heller, David Schmoeller, u.a.
Format 1:1,85 (16:9)
Ton DTS-HD-Master 2.0 Deutsch, Englisch
Untertitel -
Extras Kurzfilm „Please kill Mr. Kinski“, Making Of, Featurette, TV-Spots, Trailer
Preis ca. 13 EUR
Bewertung schwach, technisch gut