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„Escape from Tomorrow“ wurde ohne Drehgenehmigung in der Walt Disney World (Orlando, Florida) und im Disneyland Park (Anaheim, Kalifornien) gedreht. Da einige Szenen nicht direkt vor Ort realisiert werden konnten, ohne zu viel Aufmerksamkeit der jeweiligen Parküberwachung zu erregen, entstanden manche Aufnahmen im Studio. Sie wurden später mit Bildern der Vergnügungsparks zusammengefügt. Die Guerilla-Strategie, mit der Regisseur Randy Moore den Film inszenierte, ist aber nicht nur ein Marketingspaß, sie verleiht „Escape from Tomorrow“ auch eine gewisse, für die Erzählung hilfreiche Authentizität.
Obwohl Familienvater Jim (Roy Abramsohn) per Telefon gekündigt wurde, lässt er seine Familie darüber im Unklaren. Er möchte noch einen letzten, unterhaltsamen Tag in der Walt Disney World verbringen. Schlechte Nachrichten passen da nicht ins Konzept. Und so macht er sich mit seiner Frau Emily (Elena Schuber), Sohn Elliot (Jack Dalton) sowie Tochter Sara (Katelynn Rodriguez) auf den Weg ins Vergnügen. Doch Jim nimmt den Park mit seinen Fahrgeschäften auf merkwürdige Weise war. Die Puppen der Attraktionen scheinen ein gespenstisches Eigenleben zu führen. Außerdem fühlt er sich zu zwei jugendlichen Französinnen hingezogen, die er fortan verfolgt. In einer Atmosphäre irritierender Surrealität steigern sich seine Erlebnisse, bis der Sog unbeherrschbar scheint.
Jims Telefongespräch zu Beginn des Films bricht als Störfaktor in die heile Familienwelt ein, die Disney als Projektionsfläche für sein lukratives Geschäft dient. Moores einfacher, aber effektiver erzählerischer Handgriff öffnet fortan den Blick auf Aspekte des perfekt gestalteten Glücksversprechens, die sonst durch den oberflächlich erzeugten Sinnesrausch zugedeckt
werden. Das bedeutet jedoch nicht unbedingt, dass die Harmonie und das erzeugte Glück nicht existieren, sondern eher, dass die Vergnügungsparkwelt noch weitere Eigenschaften besitzt. Die Symbole aus prächtigem Traumschloss, zuckersüßem Prinzessinnendasein, geleiteter Spannung und Alltagsausbruch verweisen nicht nur auf harmonische Schönheit, sondern auch auf die Triebe des Menschen.
Nicht Glück und Spaß erweisen sich in Moores zunehmend psychedelisch werdender Albtraumphantasie als Illusion, sondern ihre angebliche, absolute Sicherheit. Jim verliert sich in seiner Triebsteuerung so konsequent, dass er hinter den Spiegel der Verlockungen schauen kann, wo verbotene Früchte wie die jugendlichen Französinnen und scharfe Prinzessinnen oder Horrorwelten mit experimentierfreudigen Robotern lauern. Daraus ergibt sich noch keine Genussfeindlichkeit, sondern lediglich die Notwendigkeit über das eigene Verlangen zu reflektieren. Jim gelingt es jedoch nicht, aus dem einmal entstandenen Sog auszusteigen. Er nimmt die Welt nicht mehr auf duale Weise war, sondern geht vollkommen in den Spiegelbildeigenschaften auf. Deswegen werden seine Erlebnisse immer radikaler.
Moore gelingt es zusammen mit seinem Kameramann Lucas Lee Graham die Doppeldeutigkeit des Freizeitparks in irritierende Schwarzweißbilder zu gießen. Dafür war die Entscheidung, direkt vor Ort zu drehen wichtig. Denn nur die Verwendung der realen Kulisse koppelt Jims Albtraum wirklich an die Walt Disney World. Sie erscheint ohne Farben auf so seltsame Weise neu, dass die Bedeutungsverschiebung an Substanz gewinnt. Hinzu kommt eine Mischung aus oftmals absurd klaren Außenaufnahmen und vergleichsweise schwammig wirkenden Fahrgeschäftbildern, deren diffuse Art den Bedeutungsfluss sichtbar machen. Die Grenzen zwischen der gewollten Oberfläche und seinem Spiegelbild sind niemals fest, sondern immer der Wahrnehmung und den Trieben des Einzelnen unterworfen.
Bildqualität
Die Bluray kann bildtechnisch vollends überzeugen, da visuelle Aspekte wie Überstrahlungen oder etwas reduzierte Detailschärfe keine Schwäche sind. Sie lassen sich nicht nur direkt auf die ungewöhnlichen Produktionsbedingungen zurückführen, sie tragen auch auf ideale Weise zur irritierenden Atmosphäre bei. Defekte gibt es aufgrund des digital gedrehten Films natürlich nicht.
Tonqualität
Die DTS-HD-Master-5.1-Tonspuren verfügen über klare und verständliche Dialoge. Geräusche und Musik wurde oftmals auch auf die hinteren Lautsprecher gelegt, sodass sich eine ansprechende, räumliche Atmosphäre entwickelt.
Extras
Im ersten Audiokommentar gehen Regisseur Randy Moore und Kameramann Lucas Lee Graham auf die Dreharbeiten sowie die Konzeption des Films ein, dessen faszinierende Produktionsgeschichte dadurch lebendig wird.
Der zweite Audiokommentar, auf dem die beiden Hauptdarsteller Roy Abramsohn und Elena Schuber zu hören sind, unterscheidet sich deutlich von gängigen Kommentarkonzepten. Beide Mimen schlüpfen in ihre Filmrollen und geben vor, zur Förderung der Zweisamkeit einen Film anzusehen. Zur Überraschung des Paares ist ihr zurückliegender Aufenthalt in der Walt Disney World die Handlung des Films. Beide hatte keine Ahnung, dass sie dabei unbemerkt gefilmt wurden. Angesichts der Art der Aufnahmen ist das auch nicht möglich und so entwickelt sich der Kommentar zu einem seltsamen Spiel mit der Realität, das die surreale Machart des Films reflektiert. Die Gestaltung der Dialoge hätte etwas ausgeklügelter sein können, aber die Idee ist durchaus amüsant.
Das 15-minütige Making Of besteht aus Interviews über die ungewöhnliche Produktionsgeschichte sowie die Premiere beim Sundance Film Festival.
Der Rest des Bonusmaterials besteht aus einer Bildergalerie und Trailern zum Film.
Fazit
„Escape from Tomorrow“ wirkt weniger wie ein radikaler Angriff auf das Glücksversprechen Disneys, sondern vielmehr wie eine Auseinandersetzung mit sonst verborgenen Aspekten dieser Symbolwelt. Technisch ist die Bluray gut.
Stefan Dabrock
11.06.2015
Originaltitel | Escape from Tomorrow (USA 2013) |
Länge | 90 Minuten (24p) |
Studio | Koch Media |
Regie | Randy Moore |
Darsteller | Roy Abramsohn, Elena Schuber, Katelynn Rodriguez, Jack Dalton, Danielle Safady, Annet Mahendru, Alison Lees-Taylor, Jakob Salvati, Amy Lucas, u.a. |
Format | 1:1,85 (16:9) |
Ton | DTS-HD-Master-5.1 Deutsch, Englisch |
Untertitel | Deutsch |
Extras | Audiokommentar mit , Making Of, Postergalerie, Trailer |
Preis | ca. 15 EUR |
Bewertung | gut, technisch gut |